Schwangere Patientinnen kommen mit Beschwerden nicht nur zum Gynäkologen. Werden Hausärzte oder der kassenärztliche Notdienst konsultiert, sind diese oft verunsichert. Wer diese fünf Symptome kennt, kann mögliche Komplikationen richtig einordnen.
Schwangeren stehen laut Mutterschaftsrichtlinien regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen zu. Treten zwischen den Untersuchungsintervallen akute Beschwerden auf, werden diese in der Regel ebenfalls vom betreuenden Gynäkologen behandelt. Nicht selten wird aber auch der Hausarzt oder der kassenärztliche Notdienst konsultiert. Schnell werden schwangere Patientinnen dann zum Problemfall. Um die Lage besser einzuordnen und ernste Komplikationen zeitnah weiterzuleiten, können die folgenden fünf Punkte weiterhelfen:
Klagt eine schwangere Patientin über Kopfschmerzen, ist der nahezu reflexartige Gedanke in der Gynäkologie: Präeklampsie. Kommen dann noch weitere Symptome wie Hypertonie (≥140/90 mmHg), Augenflimmern, Sehstörungen, starke Gewichtszunahme (mehr als 2 kg/Woche), Ödeme, Proteinurie, rechtsseitige Oberbauchbeschwerden, Unruhe und allgemeines Unwohlsein dazu, ist eine stationäre Einweisung unerlässlich. Gefürchtet sind bei einem eklamptischen Krampfanfall Verletzungen der Mutter und lebensbedrohliche Komplikationen des Kindes durch vorzeitige Plazentalösung oder intrauterinem Fruchttod.
Mildere Formen können eine fetale Wachstumsretardierung oder eine Frühgeburt verursachen. Eine Sonderform ist das HELLP-Syndrom, mit rechtsseitigen Oberbauchbeschwerden, erhöhten Transaminasen und verminderter Thrombozytenzahl. Patientinnen, bei denen Symptome einer Präeklampsie diagnostiziert werden, sollten unverzüglich stationär eingewiesen werden.
Plötzliche, sehr starke Kopfschmerzen sollten aber auch an eine mögliche Sinusvenenthrombose denken lassen, denn Schwangere haben allgemein eine erhöhte Thrombosegefahr. Auch hier ist eine rasche Abklärung in der Klinik notwendig. Leichtere Formen von Kopfschmerzen können auch durch Eisenmangel in der Schwangerschaft oder konstitutioneller Hypotonie ausgelöst werden. Selbstverständlich müssen auch alle anderen, nicht schwangerschaftstypischen Ursachen berücksichtigt werden.
Von internistischer oder chirurgischer Seite gibt es bei unklaren Bauchschmerzen vielfache Diagnosemöglichkeiten, die selbstverständlich auch in der Schwangerschaft zutreffen können. Davon abzugrenzen und als Differentialdiagnose immer miteinzubeziehen ist die vorzeitige Wehentätigkeit.
Definitionsgemäß werden diese als regelmäßige Kontraktionen (sechs Kontraktionen innerhalb von 30 Min.) vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche wahrgenommen. Sie können zu einer Zervixverkürzung und in Folge zu einer Frühgeburt führen. Die Abgrenzung zu anderen Diagnosen ist hin und wieder schwierig, da gerade Erstgebärende oft nicht zwischen Wehen und kolikartigen Schmerzen unterscheiden können.
Ursachen sind Infektionen im Genitalbereich, generalisierte fieberhafte Infekte, Uterusfehlbildungen und möglicherweise chronischer Stress. Therapeutisch kommt eine stationäre Aufnahme mit ggf. Lungenreifebehandlung, Antibiose und körperlicher Schonung in Betracht. Strikte Bettruhe ist laut den neuen Leitlinien allerdings kontraproduktiv.
Harnwegsinfekte bis zum bevorzugt rechtsseitigen Nierenstau sind in der Schwangerschaft nicht selten und sollten immer ernstgenommen und behandelt werden. Einerseits ist die Infektanfälligkeit generell erhöht und der Uretertonus durch das Progesteron vermindert, andererseits wird der rechte Ureter durch die meist rechtsseitige Verlagerung des Uterus verstärkt komprimiert. Pollakisurie, Dysurie, kolikartige Flankenschmerzen und Fieber sollten mittels Antibiose, Linksseitenlage und ggf. einer Doppel-J-Schiene des Harnleiters therapiert werden.
Rechtsseitige Oberbauchbeschwerden mit oder ohne Anzeichen einer Gestose können auf ein HELLP-Syndrom hinweisen. Wie oben beschrieben, erfolgt die Differentialdiagnose laborchemisch.
Schwangere haben ein erhöhtes Thromboserisiko, das im 3.Trimenon und während der sechs Wochen postpartal sein Maximum erreicht. Deshalb sollte bei folgenden Symptomen immer an eine Beinvenenthrombose gedacht werden:
Thrombosen erfordern physikalische Maßnahmen und eine Therapie mit niedermolekularem Heparin. Beides kann bei entsprechend prädisponierten Patientinnen auch prophylaktisch in der Schwangerschaft erfolgen.
In seltenen Fällen kann eine Lungenembolie mit Atemnot, Brustschmerzen, Unruhe und schwerem Krankheitsgefühl die Folge einer tiefen Beinvenenthrombose sein. Eine intensivmedizinische Betreuung ist obligat.
Klagt eine Schwangere über quälenden Juckreiz, oft an Hand- und Fußflächen beginnend, später Körperstamm und andere Bereiche einbeziehend, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Schwangerschafts-Cholestase. Bevorzugtes Auftreten ist das 3.Trimenon, laborchemisch sind die Transaminasen und die Gallensäuren erhöht. Das ätiologisch unklare Krankheitsbild ist selten, kann aber unbehandelt fatale Folgen für den Schwangerschaftsausgang haben.
Therapiert man sofort mit Ursodeoxycholsäure, kann die erhöhte Rate an Frühgeburten und intrauterinem Fruchttod maßgeblich gesenkt werden. Die Schwangerschaft ist im Verlauf engmaschig zu überwachen. Das Krankheitsbild verschwindet mit der Entbindung.
Gerade im ersten Trimenon berichten Schwangere über Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Erfolgt ein mehrmaliges tägliches Erbrechen und kann die Flüssigkeitsmenge nicht mehr kompensiert werden, ist eine stationäre Therapie der Hyperemesis gravidarium erforderlich.
Kommt es im weiteren Schwangerschaftsverlauf zu weiteren Episoden von allgemeinem Unwohlsein, kann dies auch der Hinweis auf einen Gestationsdiabetes (GDM) sein. Durch die Aufnahme des oralen Glukosetoleranztests in die Mutterschaftsrichtlinien wird ein GDM heute selten nicht erkannt. Ist er positiv, ist die Patientin einem Diabetologen vorzustellen. Dieser entscheidet, ob eine diätische Behandlung ausreicht oder eine Insulintherapie nötig ist. Die Schwangerschaft ist engmaschig zu überwachen, da die kindliche Fehlbildungsrate erhöht und Komplikationen wie Präeklampsie und Frühgeburtsbestrebungen häufiger auftreten.
Infektionen wie Toxoplasmose und Zytomegalie können bei der Mutter allein grippeähnliche Symptome hervorrufen, für den Feten jedoch sind ernsthafte Folgen zu erwarten. Im Zweifelsfall können laborchemische Untersuchungen Klarheit bringen.
Auch Spätzeichen einer Präeklampsie führen über allgemeines Unwohlsein zu schwerem Krankheitsgefühl im Verlauf.
Unklare Kopfschmerzen in der Schwangerschaft erfordern eine rasche Abklärung, da schwerwiegende Krankheitsbilder wie Präeklampsie, HELLP-Syndrom oder Sinusvenenthrombose vorliegen können. Bauchschmerzen in der Schwangerschaft sind differentialdiagnostisch schwierig und können die ganze Palette an Krankheitsbildern anderer Fachbereiche enthalten. Abzugrenzen sind vorzeitige Wehentätigkeit, Erkrankungen der ableitenden Harnwege und HELLP-Syndrom, das allein durch rechtsseitige Oberbauchschmerzen symptomatisch werden kann.
Bei Beschwerden der unteren Extremität ist eine tiefe Beinvenenthrombose auszuschließen, Lungenembolien sind zum Glück ein seltenes Ereignis. Quälender Juckreiz im 3.Trimeneon lassen an eine Schwangerschafts-Cholestase denken.
Allgemeines Unwohlsein ist ein weiteres häufiges Stichwort. In der Schwangerschaft kann im ersten Trimenon eine Hyperemesis gravidarium vorliegen. Ein Gestationsdiabetes, Infektionen wie Toxoplasmose oder Zytomegalie werden von der Schwangeren oft nur diffus wahrgenommen. Spätzeichen einer Präeklampsie sind manchmal unspezifisch.
Schwangere merken manchmal sehr genau, wenn Gefahr im Verzug ist. Deshalb sollte der Satz: „Irgendetwas ist heute anders: Mir ist so komisch, ich glaube es stimmt etwas mit mir oder dem Kind nicht!“ immer hellhörig machen.
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