Als Team-Building Maßnahme besucht unser Chef mit uns einen ganz besonderen Garten. Auf dem magischen Grund wachsen unter anderem vier vermeintliche Heilpflanzen, die den Bedarf zweier Länder für zwei Jahre decken.
Neulich hat unser Chef uns eine Freude machen wollen und ein Apothekenevent organisiert: einen Ausflug in den Heilpflanzengarten der Deutschen Homöopathie-Union (DHU). Da wir alle nicht besonders homöopathieaffin sind, hielt sich die Begeisterung darüber eher in Grenzen. Nun ja, ich tröstete mich mit dem Gedanken daran, ein paar Felder voller seltener Heilpflanzen zu sehen. Das ein oder andere schöne Foto für meine Sammlung würde sicher noch dazukommen.
An einem Samstag fuhren wir also in nicht gerade der besten Stimmung Richtung Terra Medica ®. Die Führung wurde von einer netten älteren Dame durchgeführt, die ein dankbareres Publikum als uns verdient hätte.
Dort sahen wir ihn – den kompletten Pflanzenbedarf für zwei Jahre DHU-Homöopathie für Deutschland und Frankreich. Teilweise in einer einzigen Reihe. Manchmal reichen sogar nur drei Pflanzen plus einer Reservepflanze aus, um beide Länder für zwei Jahre mit ausreichend Material zu versorgen.
Quelle: Apothekentheater
Schon alleine diese Tatsache führt doch selbst dem Laien deutlich vor Augen, wie wenig tatsächliches Material dann in seinen Globuli enthalten ist. Und dieses Bild zeigt (ich muss es nochmal sagen) tatsächlich den ZWEIJAHRESBEDARF der DHU. Wir witzelten, ob wir, wenn wir jetzt draufniesen, Deutschlands Belladonna-Verwender der nächsten zwei Jahre erkältungsfrei bekämen. Wir ernteten böse Blicke der anderen Teilnehmer.
Mein persönliches Highlight war aber dann die Zaunrübe Bryonia.
Diese Pflanze gedeiht besonders gut an einem Pfahl oder Zaun. Also wurde ihr extra ein Stück desselben mitten ins Feld gebaut. Als die DHU-Dame dann erklärte, dass Bryonia aus diesem Grund auch bei psychischen Missempfindungen eingesetzt wird, bei denen der Patient das Gefühl hat, jemanden zum Anlehnen zu brauchen, war es mit unserer Haltung ganz vorbei.
Als wir eine kleine Hängebrücke über einem Bach überquerten, war eine der Teilnehmerinnen etwas unsicher. Offenbar nicht schwindelfrei. Ich riet ihr, sich vielleicht ein bisschen Bryonia zu pflücken, um sich an etwas anlehnen zu können, reichte ihr dann aber lieber meine Hand.
Schön war auch der Giftefeu, der quasi im Hochsicherheitstrakt gezüchtet wird.
Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass hier von allem nur zwei bis drei mickrige Pflanzen gedeihen, manches war tatsächlich auch in größeren Mengen verfügbar.
Beispielsweise Thymian – der mir in der Homöopathie aber seltsamerweise bisher noch nie untergekommen ist. Vielleicht Eigenbedarfszüchtung für die DHU-Küche?
Was habe ich aus dem Besuch gelernt? Die Firma selbst erscheint sympathisch, denn es ist nicht selbstverständlich, Besucher in den eigenen Produktionsstätten zu empfangen. Die Begleitung durch den Garten war engagiert und freundlich … aber ich bin nicht überzeugt worden. Ich bin weiterhin – und jetzt vielleicht umso mehr – ein Fan des Stofflichen und der Heilpflanzenkunde.
Und wenn ich mich irgendwo anlehnen muss, dann nehme ich lieber einen Menschen als eine Zaunrübe.
Bildquelle: H. Zell, Wikipedia