Kinder als Ersthelfer – das geht nicht? Finde ich schon. Aber wie bei allen Dingen im Leben kommt es auch hier auf die richtige Vorbereitung an.
Als Ärztin und Mutter wird man manchmal gefragt, ob man nicht Zeit und Lust hätte, Kinderfragen zum Thema Körper zu beantworten. Ich hab das inzwischen mehrfach gemacht, bei Altersstufen vom Kindergarten bis Ende Grundschule. Und es macht unheimlich Spaß – zu sehen, wie Kinder ihren Körper wahrnehmen, welche Fragen sie haben und wie viele Gedanken sie sich machen.
Ist ja auch wichtig, den eigenen Körper zu kennen. Jeder würde sich ein Haus, in dem er länger wohnt, genau ansehen. Ein Haus, das er für die nächsten Jahrzehnte besitzen möchte, erst recht. Da weiß man schon, welcher Raum wofür genutzt wird.
Beim Körper wissen längst nicht alle, wofür die Organe da sind. Wer das nicht glaubt, darf gerne mal die Probe machen und Patienten fragen, wozu man eigentlich eine Milz hat. Dabei wollen wir doch alle in unserem Körper die nächsten 80 Jahre (und mehr) leben!
Insbesondere einen Aspekt fände ich in Schulen besonders wichtig: Erste Hilfe für Kinder. Also nicht Erste Hilfe an Kindern, sondern: „Was kann ein Kind tun, wenn eine Notsituation eintritt und kein Erwachsener in der Nähe ist?“
Ich überlege zur Zeit, ob sich das nicht an den Grundschulen für vierte Klassen anbieten ließe. Hat jemand Erfahrung und vielleicht Tipps, wie sich das umsetzen lässt?
Meine bisherige/vorläufige Überlegung ist eine Art Rallye: Die Kinder in Gruppen mit je 5–6 Leuten aufteilen, die dann alle Stationen durchlaufen müssen.
Mein Vorschlag wäre, den grundsätzlichen Basic-Life-Support entsprechend der Leitlien des GRC zu unterrichten: Reaktion prüfen, nach Atmung schauen, 112 anrufen, anfangen zu drücken. Und für das richtige Tempo gibt es ja inzwischen so lange Liederlisten, dass alle Kinder irgendwas finden sollten, was sie kennen.
Wenn sich zeigt, dass die Kinder das sehr gut umsetzen können, eventuell ergänzen um den Kinder-BLS, wobei ich das schon für ziemlich viel Information für einen Vormittag halte.
Mute ich den Kindern damit zuviel zu? Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Ein solches Training verursacht ja keine Notfälle. Im Gegenteil: Es erlaubt den Kindern, mal zu überlegen und zu üben, was sie selbst im Notfall machen können. Und ich vermute, es ist auch für den Korrespondenten der Leitstelle besser, wenn das Kind grundsätzlich schon mal eine Puppe reanimiert hat, wenn er das Kind dann am Telefon durch die Reanimation begleitet.
Wie gesagt, natürlich ist es wünschenswert, dass die Kinder dieses Wissen nie anwenden müssen. Und natürlich ist es immer besser, wenn ein Erwachsener dabei ist, um zu helfen. Aber Erwachsene sind einfach nicht immer dabei (was ja auch eigentlich völlig ok ist) und für solche Fälle muss man sich ja auch etwas überlegen. Außerdem ist leider selbst die Anwesenheit eines Erwachsenen kein Garant dafür, dass etwas passiert.
Auch Erwachsene haben Angst, etwas falsch zu machen – und tun deswegen lieber oft gar nichts. In der Hinsicht könnte so ein Kurs die Möglichkeit bieten, dass zu Hause an den Küchentischen mal über Erste Hilfe gesprochen wird. Und vielleicht dann auch die Eltern sich nochmal mit dem Thema beschäftigen.
Falls die Kinder dann wirklich das Glück haben, dass es in der siebten Klasse erneut besprochen wird (z.B. im Rahmen von Kampagnen) und es dann nochmal wiederholt wird für den Führerschein, habe ich schon die Hoffnung, dass es dann auch im Gedächtnis bleibt. Und Leben rettet.
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