100 Prozent natürlich und ohne Nebenwirkungen – so wird ein Nahrungsergänzungsmittel zur Potenzsteigerung im Netz beworben. Das koreanische „Power Khan“ enthält aber eine schwankende Menge Sildenafil. Das ist nicht nur illegal, sondern lebensgefährlich.
Die Werbebotschaft auf der Website des koreanischen Mittels „Power Khan“ ist unmissverständlich: „Power Khan ist ein 100 % natürliches Kräuterprodukt, was sexuelle Kraft und Ausdauer bringt. Es hat keine Nebenwirkungen, weil Power Khan ein 100 % natürliches Kräuterprodukt ist.“
Quelle: Power Khan
Abgesehen von der irrigen Annahme, dass Naturprodukte keine Nebenwirkungen haben, ist die gleich zweimal aufgestellte Behauptung zur Reinheit der Produkte auch noch falsch. Davor warnt aktuell das Landesuntersuchungsamt Rheinland Pfalz (LUA).
Der Grund: Die schwarzen Kugeln, die zum stolzen Preis von 25 Dollar pro Einzeldosis verkauft werden, enthalten offenbar Sildenafil. Und zwar in stark schwankenden Konzentrationen. An sich ist die Einnahme von Sildenafil nach ärztlicher Verschreibung und in der richtigen Dosierung unbedenklich. Patienten müssen aber wissen, dass sie sildenafilhaltige Präparate einnehmen, um unerwünschte Nebenwirkungen vermeiden zu können.
Neben den unangenehmen Nebenwirkungen des Arzneistoffs wie Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerz kann eine gleichzeitige Einnahme mit Herzmedikamenten für die Betroffenen lebensgefährlich werden.
Denn der PDE-5-Hemmer führt in Kombination mit nitrathaltigen Mitteln zu einem mitunter lebensbedrohlichen Blutdruckabfall. Diese schweren Wechselwirkungen zwischen Sildenafil und Herzmitteln sind bekannt, in Deutschland sind entsprechende Produkte daher zulassungs- und verschreibungspflichtig. Fehlt die Zulassung, ist der Verkauf illegal. „Der Handel mit solchen Mitteln ist nach dem Arzneimittelgesetz eine Straftat, die mit einer Freiheits- oder mit einer Geldstrafe geahndet werden kann“, schreibt das LUA.
„Power Khan“ hat keine entsprechende Zulassung. Laut Hersteller bräuchte es die auch nicht, es seien ja schließlich nur Knoblauch, Wassermelone und Ginseng enthalten, so die Website. Dass allerdings auch Wirkstoffe mit potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen enthalten sind, wird auf der Website nicht erwähnt.
Angeblich seien die Potenzkügelchen von der Korean Food and Drug Administration (FDA, sic) und dem Korean Food Advance Food Research Insitute (KAFRI, sic) als sicher eingestuft worden. Eine kurze Internetrecherche zeigt aber, dass es die benannten Stellen in dieser Form nicht gibt. Das Korea Food Research Institute (KFRI) existiert, es findet sich aber nichts zu „Power Khan“. Gleiches gilt für das koreanische Ministry of Food and Drug Safety.
Einen ähnlichen Fall gab es bereits im April. Hier warnte das Regierungspräsidium Tübingen vor dem Mittel „Rammbock“. Ein Verfahren gegen den Hersteller läuft, die Website der Firma ist momentan nicht erreichbar und angeblich „im Aufbau“. Auch in diesem Potenzmittel waren laut Werbung nur natürliche Inhaltsstoffe enthalten.
Tatsächlich waren aber laut Staatsanwaltschaft bis zu 105 mg Sildenafil pro Packung enthalten. Das Mittel in Gelform wird als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben, wäre aber ein deklarierungspflichtiges Arzneimittel. Zum Vergleich: Viagra® enthält bis zu 100 mg pro Tablette, das ist die empfohlene Maximaldosis pro Tag, die nicht überschritten werden darf.
Laut LUA sind Potenzmittel mit nicht deklarierten Inhaltsstoffen keine Seltenheit. Verbraucher sollten daher keine solcher vermeintlich sicheren „Naturprodukte“ im Internet kaufen. Eine Liste mit bisher beanstandeten Wunderarzneien gibt es hier.
Bildquelle: bark, Flickr