Mit dem Studium fertig zu sein ist irgendwie krasser, als ich gedacht hätte. Und um krass in diesem Fall mal ganz subjektiv zu definieren - ein Gefühl von auf und ab und oben ist unten. Ein angenehm-schwebendes Treibenlassen.
Dabei bin ich sehr zufrieden - habe Lust, einen Beruf zu ergreifen, von dem ich nach wie vor überzeugt bin. Überzeugt genug. Und fühle mich gut vorbereitet auf die Praxis. Gut genug. 100% fit? Das nicht, aber daran glaube ich inzwischen auch nicht mehr. Ich habe mich ja unter anderem für den Weg in die Medizin entschieden, weil ich Lust hatte auf einen Beruf, der mir auch im Alltag noch eng verknüpft scheint mit dem, was ich in den letzten Jahren in Vorlesungen und Seminaren gelernt habe. Gespickt mit zwischenmenschlichen Themen der Zusammenarbeit und der Tatsache, dass man dem Leben von Menschen zwischendurch sehr nahe kommt. Konfrontiert ist mit Sorgen und Hoffnungen, umgehen muss mit Ängsten und Überforderung. Da gibt es vermutlich noch viele Situationen, in denen ich auf allen möglichen Ebenen gefordert sein werde. Sicherlich auch mal überfordert. Aber immer mehr lernen können bedeutet ja im Umkehrschluss, dass man eigentlich nie so ganz fertig sein kann. Und dass das nicht nur gut ist, sondern genau so sein soll.
Ich fühle mich also bereit für den Schritt in die Klinik, in die Verantwortung. Bereit für Dienste in der Notaufnahme? Ganz hab ich die Hoffnung auf eine einigermaßen gute Einarbeitung noch nicht aufgegeben. Aber selbst wenn die nur sehr kurz sein sollte - alles, was mir jetzt noch fehlt, um ruhig und gelassen in einen Dienst zu gehen, werde ich nicht aus Büchern am Schreibtisch oder in der Bib lernen, sondern in der Praxis. Und ggf. einfordern müssen.
Doch halt, das kommt erst später, in ein paar Wochen. Gerade genieße ich das dazwischen. Zwischen fast sieben Jahren Studium, in denen der Weg ziemlich klar war; zwar mit viel Raum, um nach rechts und links zu sehen, aber die nächsten Schritte insgesamt geradlinig in eine Richtung führten: Auf die nächste Klausurenphase hin, nach und nach Scheine sammeln, auf die nächsten Semesterferien zu, die verschiedenen Praktika, das Examen.
Gerade besinne ich mich auch darauf, dass ich den nächsten Schritt direkt in die Klinik eigentlich gar nicht machen müsste. Dass ich mir einen Office-Job suchen könnte in einem Büro ohne Wochenend- oder Nachtdienste, irgendwas wäre da bestimmt zu finden. Oder in der Pharmaindustrie. Oder dass ich jetzt meine Ersparnisse auf den Kopf hauen könnte um eine Weltreise zu machen (wie es heutzutage so üblich ist unter hippen privilegierten First-World-Citizens meiner Generation), mir einen Kellnerjob suchen könnte und nebenbei meine Yogalehrer-Karriere voranbringen, oder mich gleich ein paar Hippies auf Koh Phangan anschließen könnte. Wer weiß, auf Instagram könnte ich damit vielleicht sogar berühmt werden. Könnte. Vielleicht.
Denn ich will immer noch Ärztin sein. In all meiner Freiheit. Und habe nicht das Bedürfnis, einem unerfüllenden Job oder Leben an der Oberfläche entfliehen zu wollen, in das ich hineingewachsen bin, obwohl ich es so vielleicht nie gewollt habe.
Und weil ich dann doch auch schon zu der Generation gehöre, die es gewohnt ist, Gefühlen nicht in Worten sondern in Hashtags und Emojis Ausdruck zu verleihen, probiere ich mal, meine Glückseligkeit zeitgemäß auszudrücken: #blessed
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