Der Schimmelbefall in einem US-amerikanischen Kinderkrankenhaus führte zu sechs Infektionen, davon endete eine tödlich. Wie konnte das passieren?
Im US-Bundesstaat Washington ist ein Kind im Seattle Children's Hospital aufgrund einer Pilzinfektion verstorben. Weitere fünf Patienten wurden infiziert, berichtete die Seattle Times.
Es handelte sich um Aspergillus, auch Gießkannenschimmel genannt. Diese ubiquitär vorkommenden Schimmelpilze wachsen schnell, ihre Konidiosporen werden luftgetragen verbreitet. Häufig kommen sie in verrotendem Pflanzenmaterial, zum Beispiel in der Biomülltonne, vor, aber auch auf Brot, Holz oder in Tapeten. Aspergillus fumigatus ist die am häufigsten isolierte Art der Schimmelpilzgattung Aspergillus.
Drei Patienten infizierten sich 2018 mit dem Schimmelpilz, in diesem Jahr kamen weitere drei hinzu. Der Patient, der an der Infektion starb, hatte sich 2018 angesteckt. Über das Alter der Kinder gab das Krankenhaus keine Auskunft.
Letzte Woche informierte die Klinik die Seattle Times über die Vorkommnisse. Operationssäle waren dem Krankenhaus zufolge immer wieder von Schimmel befallen – seit etwa einem Jahr. Im Sommer des vergangenen Jahres hatte man Schimmel in zwei OP-Sälen und einigen Lagerungsräumen gefunden, weshalb man sie drei Tage lang schloss. „Wir nahmen damals angemessene Korrekturarbeiten vor“, so die Zuständige des Children's Hospital Alyse Bernal.
Höchstwahrscheinlich sind Mängel bei den Raumbelüftungs- und Luftreinigungssystemen für die Ausbreitung des Pilzes verantwortlich. Eine Untersuchung im Mai wies auf eine fehlerhafte Luftfilterung hin, die damals als Hauptursache für die schlechterwerdende Luftqualität ausgemacht wurde, schrieb Bernal laut Seattle Times in einer Mail. Um den Ursprung des Schimmels zu finden, kontaktierte die Klinik das Washington State Department of Health (DOH) und zog ein Hygieniker-Team hinzu. Vorschläge, wie sich die Luftqualität optimieren lässt, wurden angenommen und umgesetzt.
Trotzdem: Der Schimmel kehrte zurück. Im Mai wurde sowohl in vier Operationssälen als auch in einigen Lagerräumen ein Befall festgestellt. Seit dem 18. Mai sind diese Räume geschlossen. Schließlich schloss man alle Operationsräume, als es im Juni zu weiteren Schimmelfunden kam. Seit Mai hat das Krankenhaus sämtliche Flächen reinigen lassen, das Belüftungssystem gewechselt und Luftaustritte abgedichtet.
Etwa 1.000 Eingriffe wurden verschoben, ein großer Teil der Operationen wurde in andere Krankenhäuser verlegt. Die Klinik hat seitdem 3.000 Patienten kontaktiert. Sie alle waren im Zeitraum von vier Monaten bis zum 18. Mai operiert worden. Den Patienten wurde geraten, auf Infektionssymptome zu achten. Dazu gehören bei einer invasiven Aspergillose Fieber, Brustschmerz, Bluthusten und Kurzatmigkeit.
Der Schimmelpilz zeichnet sich durch seine kosmopolitische Verbreitung aus. Seine Sporen sind überall in der Luft und jeder von uns atmet sie täglich ein. Gesunden Menschen bereitet das in der Regel keine Probleme.
Dementsprechend sind Aspergillosen auch in Europa ein Thema. So erhöht etwa eine Grippeerkrankung das Risiko für eine Schimmelpilzinfektion der Lunge, warnte im Vorjahr das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). An der Uniklinik Köln zählte man im Jahr 2016 unter 60.000 stationär behandelten Patienten rund 250 Fälle, bei denen invasive Pilzinfektionen vermutet oder teils belegt wurden.
Es kann beim Inhalieren der Sporen bei allergischer Prädisposition zu allergischen Reaktionen kommen. Bei gesunden Menschen kommt es wie erwähnt in der Regel zu keiner Infektion. Bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem, die beispielsweise Immunsuppressiva einnehmen, ist das anders. Der Pilz kann sich dann leichter in der Lunge einnisten und eine invasive Aspergillose auslösen.
„Lebensbedrohliche Pilzerkrankungen bei immungeschwächten Patienten sind in den vergangenen Jahren dramatisch angestiegen,“ erklärt Prof. Cornely auf der Website der Uniklinik Köln. Er leitet das Europäische Exzellenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen. „Grund hierfür ist die stetig steigende Zahl immunsupprimierter Patienten, wie zum Beispiel Menschen mit Abwehrschwäche nach einer Transplantation, im Anschluss an eine Chemotherapie oder bei einer HIV-Infektion.“ Das Risiko, an einer Pilzerkrankung zu versterben, könne sich bei einer verzögerten Diagnose und Therapie verdreifachen, betont er, und weist außerdem auf zunehmende Resistenzen der Pilze hin. Die Zahl solcher Mykosen von Lunge, Gehirn oder Blutkreislauf schätzen Experten auf 13.000 Fälle bundesweit.
Es kann zu Manifestationen kommen, hierzu zählen:
Je nach Manifestationsart erfolgt die Therapie durch Kortikosteroide und Allergenkarenz, Exzision oder mit Antimykotika. Weitere Informationen sind der Schimmelpilz-Leitlinie zu entnehmen. Ärzten auf Intensivstationen raten die Experten des ECDC zu besonderer Vorsicht. Vor allem während der Grippesaison sollen sie bei ihren Patienten auf Anzeichen einer Schimmelpilzinfektion achten.
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