Patienten lassen sich nur allzu gerne vor Ort beraten, um ihre Arzneimittel dann doch anderswo zu erwerben. Es liegt aber nicht nur – wie man vermuten könnte – am Preis.
Schon länger geistert der Beratungsklau als Thema durch die Apothekenwelt. Ist da was dran? Das wollten Marktforscher von Apokix wissen. Sie befragten rund 200 Apotheklenleiter zu unterschiedlichen Aspekten.
Kunden gehen fremd
Generell ist der Anteil der Kunden, die sich beraten lassen, gesunken. Gut 35 % der befragten Apotheker erleben eine leichte Reduzierung in diesem Bereich, für 12 % ist es sogar ein starker Rückgang. Im Gegensatz dazu berichten nur 6 % von einem starken und 26 % von einem leichten Anstieg der Beratungsgespräche.
Überraschend fielen die Antworten zur Frage aus, wie häufig Kunden Informationen abgreifen, aber nichts erwerben: 17 % gaben stark steigende Zahlen an und bei 33 % ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Insgesamt sind die Aussagen zwischen Zustimmung und Neutralität beziehungsweise Ablehnung 50/50 verteilt.
OTC: Unterschiedliche Indikationen
Aber wonach fragen die Beratungsklauer? An der Spitze stehen Vitamine und Mineralstoffe (58 % der Nennungen), gefolgt von Anti-Aging-Produkten bzw. Kosmetik (56 %), Haut und Schleimhaut (36 %), Herz-Kreislauf (31 %), Allergien (21 %) und Schmerzen des Bewegungsapparats (29 %).
Interessant ist aber auch, welche Präparategruppen hier nicht genannt werden. Arzneimittel zur Behandlung schambehafteteter Erkrankungen – darunter fällt zum Beispiel der Urogenitaltrakt – sind beim Beratungsklau wohl gar nicht wichtig, berichten die Marktforscher. Dazu gehören Pilzerkrankungen der Vagina, aber auch sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen und Männern.
Viele Präparate sind ohnehin Teil des Rx-Segments, das von Apokix nicht untersucht worden ist. Die Ergebnisse der Analyse sind hier also mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem interpretieren die meisten Apothekenleiter sie so, dass es einen Beratungsklau auch bei OTCs tatsächlich gibt.
Rx: Scham treibt ins Web
Wie sieht es also bei den Rx-Arzneimitteln aus? Um zu prüfen, welche Medikamente Kunden lieber online kaufen, lohnt sich ein Blick auf Zava (DrEd). Auf der Website werden Indikationen rund um die Männer- und Frauengesundheit sowie diverse Geschlechtskrankheiten genannt. Topthemen sind hier unter anderem Erektionsstörungen, Haarausfall, vorzeitiger Samenerguss und bakterielle Vaginosen.
Das bedeutet, dass Patienten anonyme Beratungen über Websites und den darauffolgenden, ebenfalls anonymen Versand über Online-Apotheken dem persönlichen Arzt-Apotheker-Kontakt vorziehen. Aber auch verschreibungspflichtige Präparate zur Therapie der Hypertonie, der Hypercholesterinämie, des Asthma bronchiale und der Refluxösophagitis kommen vor.
Und nochmal zurück zu den OTC-Präparaten: Hier sind nicht nur Versandapotheken zu nennen. Auch Drogeriemärkte mischen mit, zum Beispiel mit Nahrungsergänzungsmitteln.
Was treibt Kunden zur Konkurrenz?
Sowohl die Apokix-Umfrage als auch die Online-Angebote von Zava geben ein klares Bild zu den speziellen Zielgruppen der Online-Apotheken:
Apotheken bleibt nur, ihr Potenzial auszuschöpfen. Dazu gehören sinnvolle Pricing-Strategien, aber auch Services rund um das Arzneimittel. One-Day-Delivery schaffen (derzeit) nur Betriebsstätten vor Ort.
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