Ein Aphrodisiakum für Frauen wurde kürzlich von der FDA zugelassen. Das klingt erstmal nach einer guten Idee. Wäre da nicht ein übler Haken.
Vor wenigen Tagen gab es von der FDA die Zulassung des Medikaments Vyleesi®, das den Wirkstoff Bremelanotid enthält. Gedacht ist das Mittel für prämenopausale Frauen, die unter einer Verminderung oder einem Verlust der Libido leiden. Der in den USA etablierte medizinische Begriff für die Störung ist HSDD, hypoactive sexual desire disorder.
Anders als Sildenafil hat Bremelanotid keinerlei Auswirkungen auf die Durchblutung. Es handelt sich um ein Aphrodisiakum, das nur im Gehirn wirkt, indem es die Melanocortin-Rezeptor-Agonisten aktiviert. Der Mechanismus, der dafür sorgt, dass sich das sexuelle Lustempfinden verbessert, ist aber nicht bekannt. Bremelanotid kommt bei Männern seit längerem zur Behandlung erektiler Dysfunktionen zum Einsatz, nun soll der Wirkstoff auch die weibliche Libido steigern.
„Es gibt Frauen, die aus unbekannten Gründen unter einem reduzierten sexuellem Verlangen leiden. Sie könnten von dieser sicheren und effektiven pharmakologischen Behandlung profitieren“, sagt Hylton V. Joffe, Leiter des Center for Drug Evaluation in einer Pressemitteilung der FDA. Der Wirkstoff wird entweder im Bereich des Abdomen oder des Oberschenkels unter die Haut injiziert. Das macht die Patientin selbst circa 45 Minuten vor sexueller Aktivität. Der optimale Zeitpunkt ist individuell und abhängig davon, wie lange der positive Effekt bzw. auch Nebenwirkungen bei ihr anhalten. Nicht mehr als eine Dosis innerhalb von 24 Stunden oder mehr als acht Dosen pro Monat sind vorgesehen. Wenn sich nach acht Wochen keine Besserung der Situation zeigt, sollte die Behandlung abgebrochen werden.
Nun zu den Ergebnissen von Kingsberg et al., auf denen die Zulassung basiert: Das Medikament wurde 24 Wochen lang in zwei identischen randomisierten doppelblinden placebokontrollierten Studien untersucht. Sie umfassten insgesamt 1.247 in der Prämenopause befindliche Frauen, die nach eigener Angabe unter HSDD litten. Gemessen wurde sowohl das sexuelle Verlangen als auch das Leidempfinden aufgrund einer schwachen Libido. Beides wurde mittels Fragebögen ermittelt, darin bewerteten Teilnehmerinnen ihr Empfinden mit Punkten.
Der Großteil verwendete Vyleesi® zwei oder drei Mal im Monat und nicht öfter als ein Mal pro Woche. Aus der Bremelanotid-Gruppe berichteten 25 Prozent der Frauen über eine erhöhte sexuelle Lust. Dies traf nur auf 17 Prozent der Teilnehmerinnen aus der Placebogruppe zu. Darüber hinaus ließ auch die durch das niedrige Lustempfinden ausgelöste Belastung bei 35 Prozent in der Wirkstoffgruppe nach. Hier beeindruckt der Placeboeffekt, der das störungsbedingte Leidempfinden der Frauen mit 31 Prozent beinahe genau so stark reduzierte wie der Wirkstoff.
Die Kehrseite sind wie immer die Nebenwirkungen. Zu ihnen zählen Übelkeit, Erbrechen, Hitzewallungen, Hautreaktionen bei der Einstichstelle und Kopfschmerzen. Die Zahl der Betroffenen ist nicht ohne: Ganze 40 Prozent der Teilnehmerinnen verspürten Übelkeit, davon benötigten sogar 13 Prozent eine medikamentöse Behandlung, um die Übelkeit in den Griff zu kriegen. Immerhin ein Prozent berichtete über eine Verdunklung des Zahnfleischs und der Haut wie etwa an Stellen im Gesicht oder auf der Brust. Bei der Hälfte dieser Frauen verschwanden die Verfärbungen nach Therapieabbruch. Zudem wurde während der Studie häufig ein erhöhter Blutdruck direkt nach der Injektion gemessen, dieser klang in der Regel aber innerhalb von 12 Stunden wieder ab. Trotzdem: Patientinnen mit hohem Blutdruck oder kardiovaskulären Erkrankungen wird von dem Medikament abgeraten.
Für das Forschungsprojekt gab es genügend Unterstützung: Als erstes ist Vyleesi®-Hersteller Palatin Technologies zu nennen. Drei Co-Autoren der Studie arbeiten für das Unternehmen und sind außerdem Aktieninhaber. Auf der Liste der Supporter von Studienleiterin Kingsberg finden sich unter anderem auch Novo Nordisk und Pfizer. Schon in der Vergangenheit gab es Anläufe mit Bremelanotid, damals erfolgte die Gabe in Form von Nasensprays. Die Versuche scheiterten. Schuld waren ungünstige Nebenwirkungen wie Hypertonie und Erbrechen. Doch dieses Problem scheint auch durch die neue subkutane Dosierungsform nicht richtig gelöst.
Bildquelle: Pixabay, pexels