Der Kunde kommt rein und verlangt Ibuprofen. Doch Vorsicht: Wenn die Sonne scheint, muss auch an die arzneimittelinduzierte Photosensitivität gedacht werden. Was Apotheker wissen sollten.
Ändert sich das Wetter, ändert sich unsere Beratung. Denn sobald sich die Sonne wieder so intensiv zeigt, wie in den letzten Tagen, kommt ein wichtiger Hinweis für unsere Kunden dazu: Bestimmte Wirkstoffe machen die Haut sonnenenpfindlich. Dass das im Übrigen nicht nur für Menschen gilt, habe ich im letzten Jahr bei einer Fortbildung im tiermedizinischen Bereich erfahren. Dazu später mehr.
Erstmal zum Begriff: Lichtempfindlichkeit oder Photosensitivität, was bedeutet das überhaupt? Bekommt man Pustel, Pickel oder Leberflecke? Einen Sonnenbrand oder gar Verbrennungen wenn man sich ungeschützt der UV-Strahlung aussetzt? Im Prinzip ist alles davon möglich.
Selbst Nagelverfärbungen, Einblutungen unter der Haut oder bestimmte Tumoren können durch die arzneimittelinduzierte Photosensitivität enstehen. Ein aktuelles Beispiel für die Entwicklung bestimmter Formen des weißen Hautkrebs ist HCT. Je nachdem, ob die Mittel topisch oder systemisch verwendet werden, können sich die Auswirkungen der UV-Strahlung auf die obere oder tiefer gelegene Hautschichten erstrecken.
Aber es muss ja nicht gleich Krebs sein. Ein kräftiger Sonnenbrand samt Blasenbildung der Haut oder plötzlich vermehrtes Auftreten von Pigmentflecken, die nicht wieder verschwinden, sind Grund genug, die Sonne zu meiden. Achtung: Hier reicht es nicht aus, einfach nur leichte Kleidung zu tragen. Selbst durch Glas kann die UV-A-Strahlung dringen und stark genug sein, um Schäden an der Haut zu verursachen.
Bitte also bei der Einnahme von Medikamenten, die photosensibel machen, so gut wie möglich im Schatten bleiben und zusätzlich mit einem hohen Lichtschutzfaktor eincremen. Das Sonnenlicht ist zwischen 11 und 15 Uhr besonders intensiv und sollte, genau wie ein Solarium übrigens, gemieden werden.
Folgende Wirkstoffe können die Haut gegen UV- Strahlung sensibilisieren (in alphabetischer Reihenfolge):
Wie man sieht, ist die Liste sehr lang. Viele der aufgeführten Wirkstoffe werden häufig verordnet. Einiges ist auch ohne Rezept zu haben, da ist eine umfassende Beratung besonders wichtig. Das kommt erfahrungsgemäß oft zu kurz, und auch ich mache mich nicht frei davon, das bei Diclofenac oder Ibuprofen häufig zu vergessen.
Zurück zum tierischen Sonnenbrand vom Einstieg: Ein einprägsames Beispiel kommt aus der Praxis einer Tierärztin. Sie war zu einem Milchbauern gerufen worden, der Probleme mit dem Euter einer seiner Kühe hatte. Es war rot, heiß, geschwollen und äußerst schmerzempfindlich, als sie das Tier untersuchte. Der Bauer erzählte ihr, dass die Kuh bereits seit ein paar Tagen eine leichte Entzündung mit sich herumschleppe, sich die Symptome allerdings im Laufe des heißen (und sonnigen!) Tages deutlich verschlechtert hätten.
Der Tierärztin stieg bei der Untersuchung auf einmal ein eigentümlicher Geruch in die Nase, den sie noch aus ihrer Kindheit kannte. Sie roch an ihren Händen, mit denen sie das Euter untersucht hatte, und tatsächlich: Der Bauer hatte das gleiche Heilmittel angewandt, das ihre Großmutter auch immer bei allen Arten von Entzündungen, Verletzungen und Hautreaktionen genutzt hatte – Rotöl.
Das ist ein öliger Auszug aus Johanniskraut mit dem Wirkstoff Hypericin. Es unterstützt zwar tatsächlich die Haut beim Heilungsprozess, macht sie aber auch photosensibel. Die Kuh hatte dadurch einen heftigen Sonnenbrand auf dem Euter erlitten.
Eine gute Beratung hinsichtlich der unerwünschten Arzneimittelwirkung ist wichtig. Und jeder, der auf der Liste (die sicher nicht vollständig ist) einen Wirkstoff findet, den er gerade einnehmen, injizieren oder auftragen muss, achtet bitte auf den richtigen Sonnenschutz. Nicht, dass ihr euch noch das Euter verbrennt!
Bildquelle: Kenny Stier, Unsplash