Der Bekannte teilt bei Facebook einen Artikel mit Tipps zur Behandlung des Prostatakarzinoms. Wahrscheinlich unwissenschaftlich. Oder? Ein Forscherteam hat nun untersucht, wie leitlinienkonform solche Artikel auf Social Media wirklich sind.
Mittlerweile übersieht man sie eigentlich, oder schmunzelt leicht. E-Mails von Absendern wie Dr. Long mit dem Betreff „Endlich megaharte Erektion“ landen meist automatisch im Spam-Ordner und werden natürlich zurecht als wahrscheinlich wissenschaftlich falsch eingestuft.
Aber allein deren Existenz beweist, dass es noch Leute gibt, die auf den angehängten Link klicken und wo auch immer landen. Aber sicher nicht bei einem größeren Penis oder einer länger anhaltenden Erektion.
Wie aber sieht es mit Artikeln auf Facebook und Co über Behandlungen vom Prostatakarzinom oder anderen urologischen Tumoren aus, die vom Onkel, der Mutter oder dem Bekannten geteilt werden?
Das haben sich der Kollege Dr. Muhannad Alsyouf von der Universität in Loma Linda (Kalifornien) und sein Team näher angeschaut. Sie haben 50 Artikel über urologische Tumorerkrankungen und den PSA-Wert unter die Lupe genommen und auf ihren Wahrheitsgehalt aus aktueller wissenschaftlicher und leitlinienkonformer Sicht geprüft. „Fake News“ in urology: evaluating the accuracy of articles shared on social media in genitourinary malignancies lautet die Arbeit.
Untersucht wurden jeweils die zehn am häufigsten geteilten Artikel über die Themen Prostatakrebs, Nierenkrebs, Blasenkrebs, Hodenkrebs und den PSA-Wert. Neben Facebook und Twitter wurden die Artikel auf Pinterest und Reddit geteilt oder veröffentlicht. Insgesamt über 500.000 mal. Mit Abstand am häufigsten – 400.000 mal – wurden dabei die Artikel über das Prostatakarzinom geteilt, was mit Hilfe eines Analyse-Tools ermittelt wurde.
Verständlich ist dies insofern, als es sich beim Prostatakarzinom um die Tumorart mit der größten Inzidenz handelt. Schaut man sich nun allerdings den wissenschaftlichen Stand der zehn Artikel über das Prostatakarzinom an, befanden sich darunter sieben, welche ungenau (vier) oder irreführend (drei) waren. Somit wurden nur drei Artikel als zutreffend eingestuft. Geprüft wurde das von zwei Urologen anhand aktueller Leitlinien, Konsenspapieren und dem aktuellen wissenschaftlichen Stand.
Alsyouf und sein Team stellten aber auch fest, dass es bei den anderen urologischen Tumorentitäten und den Artikeln über den PSA-Wert deutlich besser aussah. Die untersuchten Artikel zu Nierenkrebs waren in drei von zehn Fällen ungenau oder irreführend, bei Blasen- und Hodenkrebs nur noch zwei von zehn und beim Thema PSA waren neun von zehn Artikel korrekt. Insgesamt waren mit 35 von 50 die meisten Artikel wissenschaftlich korrekt.
Nun untersuchten Alsyouf und sein Team aber auch, wie oft die einzelnen Artikel geteilt wurden und stellten fest, dass jene Artikel mit ungenauen Aussagen 54.000 mal geteilt wurden und korrekte Artikel nur 1.900 mal.
Ungenaue Artikel werden 28 mal häufiger geteilt als Artikel mit überwiegend richtigen Aussagen. Korrekte Artikel zum Thema Prostatakarzinom haben demnach kaum eine Chance, da sie deutlich in der Unterzahl sind und weitaus weniger oft geteilt werden. Beim Leser kommen somit am Ende deutlich mehr ungenaue Artikel an. Bleibt nur, dass wir als Ärzte hier besser aufklären.
Text von Volker Wittkamp, UrologeBildquelle: Shawn Stutzman, Pexels