Warum Menschen ihre Krankenkasse wechseln, hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) untersucht – mit überraschendem Ergebnis. Wider Erwarten spielt Geld nicht die entscheidende Rolle. Vielen Patienten fehlt schlichtweg Detailwissen über ihre GKV.
Seit Anfang 2015 gelten für Deutschlands Patienten neue Spielregeln für Zusatzbeiträge. Der früher pauschal erhobene Obolus wird einkommensabhängig bemessen. Versicherte entrichten entsprechende Summen nicht mehr direkt an ihre Krankenkasse. Vielmehr behalten Arbeitgeber oder Rentenversicherung die Summe direkt ein. Und nicht zuletzt erheben fast alle Kassen zusätzliche Abgaben, was früher eher die Ausnahme war. Jetzt hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) untersucht, wie GKV-Patienten auf diese Neuerungen reagieren.
Versorgungsforscher haben mehr als 2.000 Personen nach ihrem Wissensstand befragt. Immerhin wussten 69,4 Prozent, dass sie mit der Einführung oder Erhöhung von Zusatzbeiträgen Sonderkündigungsrechte haben. Und 68,8 Prozent konnten sagen, dass Arbeitgeber beziehungsweise Arbeitnehmer die Hälfte des allgemeinen Betrags übernehmen. Düsterer sah es bei der Information aus, dass allgemeine Beitragssätze Anfang 2015 um 0,9 Prozentpunkte gesenkt worden sind. Nur 38,7 Prozent kreuzten das richtige Feld an. Die falsche Aussage, Zusatzbeiträge würden von Chefs und Angestellten gleichermaßen übernommen, kreuzten 35,2 Prozent als „richtig“ an.
Anschließend baten Versorgungsforscher Versicherte, ihre Beiträge zu schätzen. Exakte Werte waren beim allgemeinen Beitragssatz (2,7 Prozent) beziehungsweise beim Zusatzbeitrag (3,0 Prozent) die Ausnahme. Mit einer Genauigkeit von +/- 0,5 Prozentpunkten gaben 14,9 beziehungsweise 1,4 Prozent ihre Versicherungskosten an. Mehr als 0,5 Prozentpunkte lagen 21,2 beziehungsweise 1,3 Prozent daneben. Und 61,2 beziehungsweise 94,3 Prozent konnten gar keine Angabe machen.
Weiter ging es mit der Wechselneigung im Zuge fiktiver Einsparungen. Bei weniger als zehn Euro würden 1,9 Prozent auf jeden Fall das Weite suchen; bei maximal 20 Euro 5,9 Prozent, und bei mehr als 20 Euro 44,6 Prozent. Bemerkenswerterweise gaben 36,9 Prozent an, sich keine neue Krankenkasse zu suchen. Geld spielt nicht die zentrale Rolle, das zeigen auch weitere Analysen. Bei der Frage, aus welchem Grund GKV-Versicherte fiktiv wechseln würden, standen Leistungserfahrung beziehungsweise Leistungserwartung an erster Stelle (42,6 Prozent aller Nennungen), gefolgt vom Preis-Leistungs-Verhältnis (18 Prozent), vom Betrag (16,4 Prozent) beziehungsweise vom Zusatzbetrag (3,3 Prozent). Etwas anders sah die Sachlage bei Bürgern aus, die zu Gründen eines tatsächlichen Kassenwechsel befragt worden sind. Sie nannten den Preis zuerst (34,1 Prozent), gefolgt vom Leistungsangebot (26,3 Prozent), vom Service (17,4 Prozent), von speziellen Programmen (5,1 Prozent) oder vom Image der Versicherung (4,4 Prozent).
Um eine neue Versicherung zu finden, wurde sich vorzugsweise bei andere Familienmitglieder, Freunde und Bekannte informiert (50,4 Prozent aller Nennungen), gefolgt vom Arbeitgeber (32,8 Prozent). Direkte Kontakte mit Kassen (9,4 Prozent), Recherchen in Medien (8,0 Prozent), Annoncen (6,6 Prozent) oder Vergleichsportale (5,8 Prozent) spielten keine große Rolle.