Ärzte betreuen Dialysepatienten hierzulande fast nur im ambulanten Sektor – mit wenigen Ausnahmen. Krankenkassen versuchen, hier den Hebel anzusetzen. Sie höhlen Versorgungsstrukturen aus und gefährden die Behandlung von Notfallpatienten.
Die Versorgung von schätzungsweise 80.000 Dialysepatienten ist in Deutschland auf einem hohen Niveau, schreibt der Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Versorgungsforscher haben Daten von 713 Dialyse-Einrichtungen mit 83.664 Patienten analysiert. Nur bei der Qualität von Dokumentationen gibt es Verbesserungsbedarf: eine Randnotiz. Das könnte sich schon bald ändern, ginge es nach gesetzlichen Krankenversicherungen.
Während viele Patienten ambulante Möglichkeiten der Dialyse schätzen, benötigt ein kleiner Teil stationäre Hilfe. Das betrifft vor allem alte, multimorbide Menschen. Kommt es zu Komplikationen, können Ärzte schnell und gezielt eingreifen. Die Leistungen werden auf Grundlage des V. Sozialgesetzbuch, Paragraph 39, abgerechnet, was nicht allen Beteiligten gefällt. Die AOK Rheinland/Hamburg und die Knappschaft-Krankenkasse haben Vergütungen zur teilstationären Dialyse-Behandlung in Nordrhein-Westfalen teilweise gekürzt oder sogar bereits komplett eingestellt, berichten nephrologische Fachverbände. Professor Dr. Martin Kuhlmann, Vorsitzender des Verbands Leitender Krankenhausnephrologen (VLKN), stört sich am Totschlagargument „ambulant vor stationär“. Kuhlmann: „Die Argumentation ist absurd, denn die Nephrologie folgt wie kaum eine andere Fachdisziplin diesem Grundsatz.“ Dialysepatienten sind im Schnitt 70 Jahre alt und leiden unter verschiedene Grunderkrankungen. Bei einer Verteilung von 95:5 könne man nicht von einer Beugung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ sprechen, so Kuhlmann weiter.
Peter Gilmer vom Bundesverband Niere e.V., einem Patientenverein, befürchtet, dass auch „die stationäre Notfallversorgung von dialysepflichtigen Patienten nicht mehr voll umfänglich gewährleistet ist“. Diese Einschätzung bestätigt Professor Dr. Jürgen Floege, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN): „Um eine hochqualitative stationäre Versorgung niereninsuffizienter Patienten sicherstellen zu können, sind nicht nur erhebliche Vorhaltekosten, sondern auch Erfahrung erforderlich.“ Führten Krankenhäuser nur Notfalldialysen durch, fehle die Behandlungsroutine. Gleichzeitig stünden nephrologische Kliniken vor dem Aus – und es gäbe kaum noch Weiterbildungsmöglichkeiten für nephrologische Fachärzte beziehgungsweise nephrologische Fachpflegekräfte.