Es ist eine Vision, die seit Jahrzehnten existiert. Winzige Nanoroboter sollen zukünftig Krebsmedikamente direkt zu einzelnen Zellen transportieren oder Tumorzellen direkt zerstören. Ein entscheidendes Problem bei der Entwicklung konnte nun gelöst werden.
Seit vielen Jahren träumen Wissenschaftler vom therapeutischen Einsatz kleiner Roboter im Körper. Diese sollen beispielsweise Krebsmedikamente oder auch andere Stoffe direkt zu einzelnen Zellen transportieren, Krebszellen direkt zerstören oder deren Wachstum hemmen. Langfristig könnten sie sogar selbstständig Krankheiten wie Krebs im Körper erkennen und eliminieren.
Nur eine Zukunftsvision? Vielleicht. Doch verschiedene Studien deuten darauf hin, dass diese Zukunft gar nicht mehr so weit entfernt sein könnte.
Ein entscheidendes Problem stellte bisher der Übertritt der Nanobots vom Blutgefäß ins Gewebe dar. Forschern des Massachusetts Institute of Technology ist es nun gelungen einen spiralförmigen Miniroboter zu entwickeln, der durch seine propellerartigen Drehbewegungen Nanopartikel durch die Gefäßwand befördern kann. Ein angelegtes Magnetfeld sorgt hierbei für die Drehung des Roboters. Allerdings müsste dieser Roboter gezielt an die im Körper benötigte Stelle implantiert werden, spekulieren die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe um Bioingenieurin und Medizinerin Sangeeta Bhatia. Diese lokale Platzierung an einem Punkt und seine Unbeweglichkeit könnten zu einem Hindernis werden.
Ein anderer Lösungsansatz erscheint den Forschern deshalb momentan besser. Bakterien, die Partikel aus Eisenoxid produzieren und aufgrund dessen magnetisch sind. Bei Anlegen eines entsprechenden Magnetfeldes befördern die Bakterien die Nanopartikel mit sich ins Gewebe. Versuche im Tiermodell sollen nun die Praktikabilität beider Ansätze näher beleuchten.
Auch in Deutschland sind Forscher seit Jahren um eine Lösung der Beförderungsproblematik bemüht. Ein Team um Elektroingenieur Metin Sitti des Max-Planck Institutes in Stuttgart präsentierte diesbezüglich einen neuartigen Bakterio-Bot. Der Nanoroboter setzt sich aus einer Erythrozytenzelle und einer Bakterienzelle zusammen. Geißeln an der Bakterienzelle sorgen für die Fortbewegung, während das Blutkörperchen Medikamente und Eisenoxid-Partikel trägt, die den Komplex magnetisch machen. Ergänzend dazu entwickelte ein Forscherteam aus Marburg einen Mechanismus, um das Bakterium mit dem Blutkörperchen zu koppeln. Biologische Moleküle, die von beiden Partnern gebildet werden, verankern sich hier miteinander und sorgen für eine Bindung.
Durch die magnetischen Eisenoxid-Partikel und den daraus resultierenden Magnetismus des Komplexes kann dieser von außen durch Anlegen eines Magnetfeldes an den Körper gesteuert werden. Dies ist besonders vorteilhaft für die Überbrückung großer Strecken und eine grobe Richtungsweisung des Bots. Für kürzere Strecken und eine genauere Positionierung wird derzeit an einem eher biochemischen Fortbewegungsprinzip gearbeitet. So nutzen einfache Bakterien häufig das simple Prinzip der Chemotaxis, um sich im Körper fortzubewegen. Über spezielle Rezeptoren nehmen sie die Konzentration bestimmter Stoffe wahr und bewegen sich daraufhin von diesen fort oder auf sie zu.
Da Krebszellen, ebenso wie viele andere Körperstrukturen, bestimmte Stoffe ausscheiden, könnte dies als Navigationssystem für die kleinen Helfer dienen. Die Bots könnten so beispielsweise Krebszellen erkennen, zu ihnen gelangen und die vorgesehenen Medikamente direkt an der Zelle abliefern. Ein eingebauter Zerstörungsmechanismus soll anschließend dafür sorgen, dass der Bakterio-Bot nach erfolgreicher Erfüllung seiner Aufgabe eliminiert wird.
Insgesamt liegen die Vorteile bakteriell basierter Systeme gegenüber technischen Lösungen in Flexibilität, Biokompatibilität und biologischen Abbaubarkeit der Bakterio-Bots, schildert Sitti. Aktuell findet die Forschung am Bacterio-Bot noch im Reagenzglas statt, zukünftig sollen Versuche im Magen-Darm-Trakt durchgeführt werden.Artikel von Aline KostkaBildquelle: Ed Uthmann, flickr