Lange haben wir auf die Reform des PTA-Berufs gewartet. Vieles sollte moderner werden, man wollte uns mehr Kompetenzen zusprechen. Mit dem Referentenentwurf von Jens Spahn geht nun Ernüchterung einher. Fraglich, wer von den Veränderungen profitieren soll. Wir sind es jedenfalls nicht.
Lange wurde auf eine Reform des PTA-Berufs gewartet. Vieles sollte nach über zwanzig Jahren entstaubt und modernisiert werden. Vor allem die Angestellten in den Apotheken warteten schon lange auf die überfällige Aufwertung. Der Bundesgesundheitsminister hat nun seinen Referentenentwurf präsentiert. Betroffenen auf allen Seiten zeigen sich enttäuscht. Es wird sogar darüber spekuliert, wem dieses „Reförmchen“ am Ende dienen wird, denn weder PTA noch Apotheker in der Vor-Ort-Apotheke können Vorteile für sich erkennen. Profitiert vielleicht jemand ganz anderes davon?
Bereits im letzten Jahr hatten die Apothekengewerkschaft ADEXA und der Bundesverband PTA (BVpta) ein gemeinsames Positionspapier zur Neuordnung des PTA-Berufsbildes verabschiedet und an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses im Bundestag verteilt. Teil der Kernforderungen war es, die Ausbildungsdauer von 24 auf 36 Monate zu verlängern, also 30 Monate PTA-Fachschule und weiterhin sechs Monate Praktikum. Die Ausbildungsschwerpunkte sollten modernisiert und um Themen wie Qualitätsmanagement, Dokumentation und Digitalisierung erweitert werden.
Kurz darauf führten auch beide Vertretergruppen Gespräche mit dem Bundesgesundheitsminister. Man erhoffte sich mehr Kompetenzen für die in der Apotheke arbeitenden PTA, wenn diese sich entsprechend fort- und weiterbildeten. Der ein- oder andere Pharmazeutisch-technische Assistent liebäugelte gar mit der Möglichkeit einer Vertretungsbefugnis im Rahmen des Pharmazieingenieurs.
Nun ist er da, der Referentenentwurf, von dem sich die meisten mehr erwartet hatten, als sie dann vorfanden. ADEXA-Vorstand Andreas May in einer ersten Stellungnahme: „Von dem Referentenentwurf sind wir nach der ersten Lektüre enttäuscht. Das ist wirklich nicht der erwartete große Wurf!“
Weder sichtbare Kompetenzerweiterungen sind hier erkennbar, noch die große Reform der schulischen Ausbildung wurde umgesetzt. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) will sich erst in ein paar Tagen dazu äußern.
Eine Verlängerung der Schulzeit ist nicht vorgesehen, es werden nur an der ein- oder anderen Stelle Stunden gekürzt, um die Kernkompetenzen zu verschieben. Konkret wird die Praktikumszeit für Chemisch-Pharmazeutische Übungen halbiert und die Allgemeinbildenden Fächer wie Deutsch, fachbezogene Fremdsprachen sowie Wirtschafts- und Sozialkunde komplett gestrichen. Dafür wird „Grundlagen des Gesundheitswesens und Rolle der Apotheken und Berufskunde“ auf „Fachterminologie und Pharmazeutische Gesetzeskunde“ aufgestülpt und so erweitert. Neu dazu kommen „Übungen zur Abgabe und Beratung“. Auch „Physikalische Gerätekunde“ wurde aus dem Lehrplan entfernt, dafür wurde „Arzneimittelkunde einschließlich Information und Beratung“ erweitert. Zusätzlich sollen angehende PTAs auch schon bereits während der Schulzeit mit dem Bereich Qualitätsmanagementsystem in Kontakt kommen unddie Grundzüge erlernen.
Alles in allem zeichnet die Reform das Bild, dass künftige PTAs weniger Zeit im Labor und dafür mehr in der Beratung verbringen werden. Aufgewertet oder gar attraktiver gemacht wurde das Berufsbild damit kaum.
Ein Grund diese Ausbildung zu beginnen, ist für viele sicherlich die Möglichkeit, sich nach erfolgreichem Abschluss auf einen Arbeitsplatz in der Apotheke oder in der Industrie bewerben zu können. Diejenigen, die eher die Arzneimittelherstellung und -prüfung gereizt hat, müssen nun umdenken, denn bei so wenig Praxisstunden im Labor dürfte das ohnehin überschaubare Interesse potenzieller Arbeitgeber nun noch weiter schwinden.
Die Chemie beizubehalten, wäre wohl bei den vielen zusätzlichen Stunden für die Arzneimittelkunde, Berufskunde und den Beratungsthemen nicht möglich gewesen, ohne die Ausbildungszeit zu verlängern. Dass man dazu nicht bereit war, zeigt ein Satz aus dem Entwurf: „Die Verlängerung des schulischen Lehrgangs würde zu erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten bei den Schulen und Lehrkräften sowie zu einer damit einhergehenden (zumindest temporären) Verringerung der Absolventenzahl und Verteuerung der Ausbildung führen.“
Erstaunlich sind auch die 240 undefinierten „Verfügungsstunden für ergänzendes Lehrangebot der Schule“. Hier hätte jede Schule die Möglichkeit, sich von anderen zu unterscheiden, indem sie dort entweder die gestrichenen Chemiestunden oder allgemeinbildende Fächer unterrichtet oder individuell ganz andere Schwerpunkte setzt.
Auch das Angebot, die erfahrenen PTAs künftig nicht mehr ständig unter die Beobachtung eines Approbierten zu stellen, hat seine Tücken. Eine davon ist die Fortbildungsbereitschaft, die nach dem Wortlaut des Referentenentwurfs ausschließlich über ein Kammerzertifikat zu erlangen ist. Die andere ist die Haftungsfrage. Wer haftet künftig für Fehler, die einer „unbeaufsichtigten“ PTA unterlaufen? Sollte sie es selbst sein, so müsste sie sich anders versichern, dann wäre eine neue Tarifklasse angebracht. Die Fortbildungen der Kammer und das entsprechende Zertifikat sind ebenfalls nicht billig. Somit wäre die Nichtbeaufsichtigung durch den Apotheker ein teuer erkauftes Privileg, für das die PTAs die Kosten selbst übernehmen müssten.
Diese Aufsichtspflicht ist allerdings in manchen Fällen dennoch notwendig, denn beispielsweise bei BTM-, T-Rezepten und der Herstellung von Parenteralia bleibt sie weiterhin bestehen. Sabine Pfeiffer-van Rijswijk vom BVpta bringt es mit einem Satz auf den Punkt: „Das, was damit legalisiert wird, ist bereits gelebte Praxis“. Denn PTAs, die jedes Kassenrezept vor der Abgabe von einem Approbierten überprüfen lassen, sind in der Praxis mit Sicherheit nur eine verschwindend kleine Minderheit. Interessant ist wiederum die Tatsache, dass von der Aufsichtspflicht ausgerechnet die Teilbereiche ausgenommen wurden, die von ausländischen Versandapotheken ohnehin nicht bedient werden. Das hat für viele immerhin ein Gschmäckle.
Warum die PTAs weiterhin keine Vertretungsbefugnis nach Vorbild des Pharmazieingenieurs erhalten kann, wird im Referentenentwurf nicht hinreichend erläutert: „Die Erweiterung der Kompetenzen [eines PTA] ist grundsätzlich limitiert. Eine Vertretung der Apothekenleiterin oder des Apothekenleiters und die Wahrnehmung von Aufgaben, die einer Apothekerin oder einem Apotheker vorbehalten sind, können nicht in Betracht kommen.“
Das klingt wohl eher nach einem „Basta“ und weniger nach einer Erklärung. Die Frage bleibt also: Cui bono? Und das scheinen wie bereits erwähnt weder die Pharmazeutisch-Technische Assistenten noch die Apotheke vor Ort zu sein.
Umgesetzt werden soll die Reformen erst ab dem 01. Januar 2021, um den Schulen genügend Zeit für die Umorganisation zu geben.
Kommentar von Eva Bahn
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