Mal wieder verärgert auf der Computermaus „abgerutscht“? Wer schlecht gelaunt ist, verrät es nämlich mit abrupten Bewegungen der Maus. Ein neues Programm kann die Gefühlslage der Internet-Nutzer anhand der Mausführung ablesen.
Die Maus als Stimmungsbarometer: Mehrere Experimente haben BWL-Professor Dr. Martin Thomas Hibbeln von der Universität Duisburg-Essen (UDE) und seine Kollegen hierfür durchgeführt. Beispielsweise über einen Intelligenztest, dessen Aufgaben kaum zu lösen waren. „Wir haben die Teilnehmer gezielt frustriert und verärgert. Unter anderem waren die Webseiten so manipuliert, dass sie sich nur langsam aufbauten; den Probanden lief die Zeit davon. Nach dem Test bekamen sie gleich das Ergebnis: nämlich, dass sie unterdurchschnittlich intelligent sind, weil sie weniger Aufgaben korrekt beantwortet hatten.“ Die frustrierte Gruppe bekam einen weiteren Test. Wie genervt die Teilnehmer waren, konnten die Forscher an den Mausbewegungen ablesen. „Wenn sie gelassen gewesen wären, hätten sie den Cursor in geraden oder leicht gekrümmten Kurven bewegt. Aber sie haben die Maus eckig und abrupt geführt und – was uns erstaunt hat – langsamer anstatt schneller“, so Hibbeln. Parallel löste eine Vergleichsgruppe, die man zuvor nicht verärgert hatte, die Aufgaben.
Die Ergebnisse bringen verschiedenen Seiten etwas, beispielsweise im Online-Shopping: „Ist ein Käufer frustriert, weil er mit der Bedienung der Website nicht klar kommt oder weil er ein gesuchtes Produkt nicht findet, wird er wahrscheinlich die Seiten verlassen“, erklärt BWL-Experte Hibbeln. „Für den Shop-Betreiber wäre es hilfreich, automatisiert zu erkennen, an welchem Punkt das geschieht.“ Das neue Programm könnten aber auch Versicherungen nutzen, Betrugsfälle bei online gemeldeten Versicherungsschäden aufzudecken. „Wer nicht wahrheitsgemäß auf eine Ja/Nein-Frage antwortet, verrät sich meist durch eine unbewusste Mausbewegung.“ Doch macht uns diese Technik nicht noch gläserner? Wenn das Netz bald sogar spürt, wie man gelaunt ist, weiß es tatsächlich alles. Professor Hibbeln kann diese Bedenken nachvollziehen: „Auch heute schon werden solche Nutzungsdaten erhoben. Vielen Usern ist das nur gar nicht bewusst. Es wäre u. a. wichtig, dass sie vorab explizit einwilligen.“ Er sieht aber auch positive Aspekte: „Jeder ärgert sich zuweilen über schlechte Webseiten. Mousetracking ist ein Mittel, sie zu verbessern. In einem Laden findet man es als Kunde doch auch unmöglich, wenn der Verkäufer sein Standardprogramm herunterspult, obwohl man unzufrieden ist.“ Originalpublikation: Inferring Negative Emotion from Mouse Cursor Movements Martin Hibbeln et al.; MIS Quarterly; 2015