Bei Osteopetrose kommt es durch fehlende Osteoklasten zu einer Störung des Knochenabbaus. Eine Behandlung erfolgt bisher über eine, häufig erfolglose, Knochenmarktransplantation. Nun entdeckten Forscher, dass sie mit der Annahme über den zelluläre Urpsrung der Osteoklasten falsch lagen.
Osteopetrose, auch Marmorknochenkrankheit genannt, ist eine meist genetisch bedingte Krankheit, die durch das Fehlen oder die Unterfunktion von Osteoklasten verursacht wird. Durch die stetige Anhäufung von Knochengewebe wird die Mikroarchitektur des Knochens gestört und die mechanische Stabilität gemindert. Trotz der erheblichen Vermehrung von Knochenmasse neigen die Patienten häufig zu Knochenbrüchen, die oft nur schwer verheilen. Darüber hinaus können schwere Knochen- und Gesichtsdeformationen, Zahnlosigkeit und Blindheit auftreten.
Osteoklasten sind Zellen, die direkt am Knochen anliegen und für den kontinuierlich stattfindenden Knochenabbau verantwortlich sind. Fehlen Osteoklasten oder sind sie defekt, dann wird keine Knochenmatrix mehr abgebaut. Es kommt zur Knochenverdickung und zum Fehlen von Knochenaussparungen, die aber wichtig sind für z.B. den Durchbruch von Zähnen, die direkte Verbindung zwischen den Augen und dem Gehirn über den Sehnerv und auch für die Blutstammzellen. Das Krankheitsbild der Marmorknochenkrankheit ist sehr divers.
Die Behandlungsmethode der Wahl ist die Bereitstellung von normalen Blutstammzellen aus gesunden Patienten über eine Knochenmarktransplantation. Jedoch sind die Nebeneffekte einer Transplantation oft sehr schwerwiegend und die Erfolgsaussichten mit 40–60 Prozent relativ gering. Alternative Behandlungsmethoden sind daher wünschenswert. Bisher ging man davon aus, dass durch eine Knochenmarktransplantation neue blutbildende Stammzellen zur Verfügung gestellt werden, aus denen sich gesunde Osteoklasten entwickeln können. Nun konnten aber nachweisen werden, dass die Osteoklasten in Wirklichkeit einen ganz anderen Ursprung haben.
Forschern um Prof. Dr. Claudia Waskow vom Jenaer Leibniz-Institut für Alternsforschung gelang es in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern vom Memorial Sloan Kettering Institute in New York im Mausmodell zu zeigen, dass Osteoklasten einen anderen Ursprung haben als bisher angenommen. Sie nutzten dieses Wissen, um eine neue therapeutische Methode zur Prävention bzw. Behandlung der Marmorknochenkrankeit in der Maus erfolgreich zu testen.
„Wir fanden heraus, dass die Osteoklasten sich nicht aus den blutbildenden Stammzellen im erwachsenen Tier bilden, sondern bereits im Embryo gebildet werden“, berichtet Waskow. „Sie entwickeln sich aus Erythro-Myeloiden-Vorläuferzellen, einem Stammzelltyp, der nur während einer kurzen Zeitspanne existiert und aktiv ist“. In dieser Entwicklungsphase bilden sich neben den Osteoklasten noch weitere Fresszelltypen, die ebenfalls lebenslang in den Geweben verbleiben und deren Funktion zurzeit intensiv erforscht wird. Die Osteoklasten wandern in die Knochenanlagen ein, die zu diesem Zeitpunkt noch sehr weich sind, und fangen an, Knochensubstanz abzubauen. Das führt zur Entstehung von Knochenmarkhöhlen.
Das Forscherteam konnte weiterhin zeigen, wie sich Osteoklasten jung halten. Dafür fusionieren die Osteoklasten im Erwachsenenalter mit Monozyten. Durch diese Verbindung wird der Zellkern des jungen Monozyten dem bereits bestehenden Osteoklasten hinzugefügt; der Kern der jungen Monozyten-Zelle bleibt in der älteren Empfängerzelle aktiv. „Wir konnten diesen Transfer durch spezielle Färbungsexperimente im Mausmodell bestätigen, indem sich nur die Osteoklasten farblich veränderten“, erklärt Waskow. Die Experimente wiesen nach, dass das genetische Material des Spenderzellkerns in den Empfängerzellen, den Osteoklasten, weiterhin aktiv war.
Den Forschern gelang darüber hinaus der Nachweis, dass sich mit Hilfe des Transfers von Monozyten aus gesunden Spendertieren, die Osteopetrose eines erkrankten Tieres verbessern lässt. „Unsere Experimente könnten die Grundlage für eine neue Behandlungsstrategie für Patienten darstellen, die dann nicht mehr den schweren Nebenwirkungen einer Knochenmarktransplantation ausgesetzt wären und bessere Heilungschancen hätten“, sagt Waskow über die Studienergebnisse.
Hinweis der Redaktion: Einer der Studienautoren hat einen Conflict of Interest angegeben.
Textquelle: Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI)
Bildquelle: totravelandbeyond, pixabay