Wer hat Dienst auf Station 2? Alexa weiß es. Schmerzmittel in Zimmer 3? Alexa bestellt. Amazons Sprachassistent soll Einzug in die Kliniken halten und Ärzte unterstützen. Das hat Vor- und Nachteile.
Zahlreiche Firmen arbeiten bereits mit Amazons Echo, einem smarten Lautsprecher, und mit der Sprachsteuerung Alexa. Sie entwickeln Software-Erweiterungen, bekannt als Skills, um Medien abzuspielen oder um online nach Informationen zu suchen. Auch DocCheck hat so ein Skill für das Flexikon entwickelt. Wie TechCrunch, ein US-Portal für Technik, jetzt berichtet, wagt sich Amazon zusammen mit Partnern sogar in die Welt von Krankenhäusern vor.
Bei einem Pilotprojekt statteten Entwickler 100 Krankenzimmer im Cedars-Sinai Medical Center Los Angeles mit Amazons Echo aus. Die Lautsprecher arbeiteten mit Aiva, einer speziellen Plattform für den medizinischen Bereich. Sobald ein Patient Alexa mitteilt, was er benötigt, leitet Aiva es an das Mobiltelefon des passenden Ansprechpartners weiter. Wenn zum Beispiel jemand Schmerzen hat und Medikamente braucht, geht seine Anfrage an Pflegefachkräfte vor Ort. Reagieren sie nicht schnell genug, leitet Aiva die Anforderung „in der Befehlskette nach oben“ weiter.
In sterilen Bereichen des Boston Childrens Hospital erleichtert Alexa es Ärzten zudem, per Sprache wichtige Informationen abzurufen, ohne Oberflächen zu berühren: Wer hat gerade auf Station X Dienst? Ist dort noch ein Bett frei? Oder wen kann ich im Zentrallabor kontaktieren? Verschiedene Checklisten bei Organtransplantationen werden ebenfalls per Sprache abgearbeitet, derzeit noch im Rahmen eines Modellprojekts.
Auch bei medizinischen Fragen zu Hause mischt Amazon kräftig mit. KidsMD, ein Tool des Boston Children's Hospital, ermöglicht es Eltern, sich mit Alexa über Symptome allgemeiner Krankheiten zu unterhalten, wie zum Beispiel Ohreninfektionen, Fieber oder Erkältungen. Sie erhalten Empfehlungen zur heimischen Betreuung. Wann ein Arztbesuch erforderlich ist, teilt Alexa ebenfalls mit.
Laut Heise Online wurde Amazon inzwischen auch ein Patent im Bereich der Stimmanalyse erteilt. Alexa erkennt am Sprechen, ob der Besitzer womöglich erkältet oder sogar depressiv ist. Diese Informationen nutzt Amazon allerdings vorwiegend dazu, um zielgerichtete Audio-Werbung zu schalten. Alexa fragt dann auch gleich, ob das Grippe-Mittel oder die Hustenpastillen per Expressversand auf den Weg geschickt werden sollen. Das Thema Datenschutz ist in diesem Patent nicht besonders großgeschrieben.
Dabei will Amazon nach dem Erfolg diverser Modellprojekte jetzt verstärkt auf Sicherheitsstandards setzen. In den USA schreibt HIPAA, der US Health Insurance Portability and Accountability Act, Standards zum Schutz von Patientendaten vor. Bei Verstößen drohen bis zu 25.000 US-Dollar Strafe. Das sind, verglichen mit Amazons Umsatz, eher Peanuts.
Tools mit HIPAA-Standard helfen Patienten, Termine mit Ärzten zu vereinbaren, Informationen über Krankenhäuser abzurufen, ihren Diabetes zu kontrollieren oder um herauszufinden, ob für ihre Medikation eine Verordnung erforderlich ist.
Aus deutschem Blickwinkel haben Spracherkennungs-Tools ohne Zweifel ihre Stärke, um die knappen Ressourcen im Gesundheitssystem gezielter einzusetzen. Gerade Patienten mit Bagatellerkrankungen müssen weder Arztpraxen noch Notaufnahmen überfüllen. Auch aus hygienischer Sicht scheinen Sprachassistenten in der Klinik einen Vorteil zu bieten. Aber natürlich bleiben Zweifel:
Bleibt als Fazit: Das Augenmerk sollte – wie auch bei den zahlreichen medizinischen Apps und Wearables zuvor – auf Qualitäts- und Sicherheitskriterien liegen. Trotz Bedenken zum Datenschutz scheinen Algorithmen zur Sprachsteuerung und -erkennung in der Medizin aber „the next big thing“ zu sein.
Bildquelle: Jason Leung, Unsplash