Fische sind von einem Mantel aus Schleim überzogen. Dieser bakterienreiche Mukus könnte als Basis für die Entstehung neuer Antibiotika dienen und sogar eine Rolle im Kampf gegen Krebserkrankungen spielen, vermutet eine US-amerikanische Forschergruppe.
Not macht erfinderisch, wie ein Forschungsprojekt von Chemikern zeigt: Um das Problem der Antibiotikaresistenzen in den Griff zu kriegen, setzen sie auf Fische. Genauer gesagt, auf den Mukus der Tiere, wie sie gestern auf der Konferenz der American Chemical Society (ACS) in Florida erklärten. Der Schleim könnte in Zukunft womöglich Basis für neuartige Antibiotika und Medikamente zur Krebsbekämpfung sein.
Studienergebnisse wurden noch nicht veröffentlicht, das Team aus Forschern der Oregon State University und der California State University präsentierte erste Erkenntnisse auf der Konferenz und in einer Pressemitteilung der ACS. Über das Mikrobiom von Fischen stehen bisher kaum evidenzbasierte Informationen zur Verfügung, sagen die Wissenschaftler in ihrem Vortrag.
Eine wahre „Goldmine an Mikroben“ fanden sie in dem Schleimmantel, der die Oberfläche von Fischen umgibt und sie vor Bakterien, Viren oder Fungi in ihrer Umgebung schützt. Der zähflüssige Mukus fängt Mikroben ab, bevor sie Infektionen auslösen können. Außerdem ist der Schleim reich an Polysacchariden und Peptiden mit antibakteriellen Eigenschaften. Das Ziel der Forscher ist es, herauszufinden, ob jene Komponenten im Schleim von Fischen, die den Tieren Schutz bieten, auch Menschen vor Erkrankungen schützen könnten.
Bei den untersuchten Proben handelt es sich um Schleimabstriche von jungen Tiefsee- und Oberflächenfischen. Die Forscher konzentrierten sich auf junge Tiere, weil deren Immunsystem weniger entwickelt ist und ihr Mukusmantel deshalb dicker ist. Sie gingen davon aus, dass bei einer größeren Menge Schleim die Konzentration von aktiven Bakterien höher ist als bei älteren Fischen.
Das Team untersuchte 47 unterschiedliche Bakterienstämme des Schleims in vitro und kam zu folgenden Erkenntnissen: Fünf bakterielle Auszüge wirkten stark hemmend auf eine durch den breiten Einsatz von Antibiotika seit den 1960er Jahren zunehmend auftretende resistente Staphylokokkenart: den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Drei dieser Auszüge hemmten den pathogenen Fungus Candida albicans.
Ein Bakterium, das einer bestimmten Art des pazifischen Rotbarschs entnommen wurde, zeigte sowohl eine starke Aktivität gegen MRSA als auch gegen eine Kolonkarzinom-Zelllinie. Derzeit konzentriert sich Forschungsmitglied Molly Austin auf diese besondere Fischart und untersucht die Gram-negativen Bakterien Pseudomonas aeruginosa im Fischschleim in Hinsicht auf ihr Potenzial für die Herstellung neuer Antibiotika.
Erst gilt es aber, grundlegende Fragen zu klären: „Wir wissen noch nicht, was ein gesundes Mikrobiom ist,“ sagt Forschungsleiterin Sandra Loesgen über ihre Untersuchungen an Fischen. Ob jene Bakterien, die sie analysiert haben, ein typisches Fischmikrobiom darstellen, das ihren Wirt vor Erregern schützt oder ob die untersuchten Bakterien zufällig „per Anhalter“ von gerade diesen individuellen Fischen transportiert wurden, lässt sich aktuell nicht sagen. Deshalb wollen die Wissenschaftler noch mehr über das gesunde Fischmikrobiom und äußere Einflussfaktoren im Pazifik lernen.
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