Forscher aus Kalifornien wollten wissen, wie zuverlässig Apple Watches Vorhofflimmern detektieren können. Die Ergebnisse sind vielversprechend. Allerdings hat die Sache einen Haken, sagt ein Kardiologe.
Wearables wie Apple Watches können Vorhofflimmern mit einer Vorhersagewahrscheinlichkeit von 71 Prozent im Vergleich zu üblichen EKG-Messungen erkennen und melden. In 84 Prozent der Fälle zeigten die Patienten tatsächlich ein Vorhofflimmern. Dies fanden Wissenschaftler aus Stanford in einer Studie heraus, bei der virtuelle Daten erhoben wurden. Sie begleiteten 400.000 Teilnehmer, die alle eine Apple Watch Series 1 bis 3 und ein iPhone besitzen mussten. Die Apple Watch Series 4 kam erst nach Beginn der Studie in den Handel und wurde deshalb nicht in die Untersuchungen integriert.
Untersucht werden sollte, ob die Uhren mit Hilfe des eingebauten Puls-Sensors und einer App in der Lage sind, Vorhofflimmern zu erkennen. Dieses bleibt laut Angaben des Forscherteams aufgrund fehlender Symptome häufig unentdeckt, ist aber eine der führenden Ursachen für Schlaganfälle. Sobald die Uhren einen unregelmäßigen Puls detektierten, wurden die Träger über eine Nachricht auf ihrem iPhone darüber informiert und dazu aufgefordert, mittels Telemedizin einen der Ärzte zu konsultieren, der die Studie begleitete.
Aus Sicht der Forscher haben die Studienergebnisse das Potential, Patienten und Medizinern zu zeigen, dass technische Geräte wie Apple Watches bei der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten wie Vorhofflimmern helfen können. Teilnehmen konnten Freiwillige ab einem Alter von 22 Jahren. Hier sieht ein Kardiologe der DocCheck-Community eine Schwierigkeit. Denn statistisch gesehen sind ältere Menschen viel häufiger von Herzproblemen betroffen. „Gerade von den Risikogruppen der über 65-Jährigen, die ja tatsächlich statistisch von einer Antikoagulation profitieren hätten können, waren nur wenige Prozent in der Studie vertreten. Es sind eben eher (noch!) die Jüngeren, die solche Smartphone-Dienste gerne in Anspruch nehmen“, gibt der Arzt zu bedenken. Dies wird sich zwar auch mit den neuesten Tools der Apple Watches nicht so schnell ändern. Dass ältere Menschen das Smartphone weniger gerne und intensiv nutzen als jüngere, ist allerdings ein Zustand, den es auf lange Sicht vermutlich nicht mehr geben wird.
Seit letzter Woche ist in Deutschland für alle Apple Watches ein System-Update freigeschaltet, das User auf Wunsch einrichten können. Die neue Technologie achtet über die Pulsmessung im Hintergrund automatisch auf Vorhofflimmern und blendet bei Verdacht auf Herzrhythmusstörungen eine Meldung ein. Diese soll laut Apple aber erst dann erscheinen, wenn die Uhr fünfmal ein Vorhofflimmern festgestellt hat. So sollen Falschmeldungen vermieden werden. In der groß angelegten Studie waren Falschmeldungen nach Angaben der Wissenschaftler allerdings kein Problem. Lediglich 0,5 Prozent der Teilnehmer wurden überhaupt über Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus informiert.
Neben dem Puls-Sensor verfügt die Apple-Watch der neuesten Generation noch über zwei weitere Elektroden, mit denen ein 1-Kanal-EKG geschrieben werden kann. Somit soll ein Vorhofflimmern noch zuverlässiger detektiert werden können. Die EKG-Funktion ist seit einigen Tagen für Deutschland verfügbar. Um sie zu verwenden, müssen die Benutzer die App aufrufen und den Arm, an dem die Uhr getragen wird, ruhig halten. Ein Finger muss auf den eingebauten Sensor auf der Krone gelegt werden. 30 Sekunden später erfährt der Nutzer, ob der Herzrhythmus normal ist, ein Verdacht auf Vorhofflimmern besteht oder die Messung kein eindeutiges Ergebnis liefert. Die Daten werden in der Health-App auf dem iPhone gespeichert und lassen sich von dort exportieren. Dies bietet die Möglichkeit, sie mit einem Arzt zu besprechen. Inwieweit die Anwender tatsächlich von diesen Funktionen profitieren, bleibt abzuwarten.
Artikel von Natascha van den Hoefel
Bildquelle: Juhan Sonin, flickr