Ein 31-Jähriger leidet seit Tagen an starken Kopfschmerzen. Als er plötzlich kollabiert und einen Krampfanfall erleidet, wird er in die Notaufnahme gebracht. Bei der Suche nach der Ursache werden sie bald fündig – in den Ohren des Patienten.
Nachdem ein 31-jähriger Mann plötzlich kollabiert und einen Krampfanfall erleidet, wird er vom Rettungsdienst in die Notaufnahme gebracht. Der Mann ist schläfrig und verwirrt, was die Ärzte zunächst dem postiktalen Zustand zuschreiben. Er zeigt keine Meningismus-Zeichen, die Pupillen sind isokor lichtreagibel. Eine Epilepsie ist bei ihm bisher nicht bekannt und auch sonst hat der Mann keine Vorerkrankung oder Dauermedikation.
Quälender Ohrenschmerz
Seit über einer Woche jedoch leidet er unter linksseitigen Kopf- und Ohrenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Behandelt wurden diese Symptome bisher von seinem Hausarzt, welcher eine schwere Mittelohrentzündung diagnostiziert und Antibiotika verschrieben hatte. Tatsächlich zeigt sich otoskopisch eine derartige Ansammlung von Eiter, dass das Trommelfell nicht einsehbar ist.
Im CT wird der Zusammenhang zwischen der Ohrentzündung und dem Krampfanfall sichtbar. Die Infektion des äußeren Gehörgangs und des Mittelohrs scheint sich zu einem subduralen Hirnabszess ausgeweitet zu haben.
Die Fokussuche
Unter Narkose wird zunächst das Ohr genau exploriert. Beim Entfernen des Eiters stoßen die Ärzte auf den Quell des Übels. Im äußeren Gehörgang bergen sie einen vor Eiter triefenden Wattebausch. Dieser war vermutlich einmal das Ende eines Wattestäbchens, welches bei einem Reinigungsversuch des Ohres an Ort und Stelle verblieben war.
Die Ärzte versorgen das entzündete Ohr chirurgisch. Den subduralen Abszess behandeln sie konservativ mit intravenösen Gaben von Meropenem und Ciprofloxacin. In einer weiteren CT-Untersuchung sechs Tage später zeigt sich bereits eine deutliche Volumenabnahme des Hirnabszesses. Nach zehn Wochen ist im CT keine Auffälligkeit mehr zu sehen und der Patient erfreut sich einer uneingeschränkten Gesundheit.
Von dem Gebrauch von Wattestäbchen zum Reinigen des Gehörgangs sieht er inzwischen jedoch ab.
Quelle: © Charlton et al / BMJ Case reports / docc.hk/vaf2ps
Symbolbild: © Frank Gaillard / Wikimedia Commons / docc.hk/pntryn