Mit einem Patienten zu kommunizieren, der nicht dieselbe Sprache spricht, ist schwierig. Manchmal sogar unmöglich. Ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Sprachbarriere beseitigt wird? Ich finde nicht.
Mit einem Patienten zu kommunizieren, der nicht dieselbe Sprache spricht, ist schwierig. Manchmal sogar unmöglich. Es kostet Zeit, Geld und Nerven. Sprechstunden verlängern sich, Übersetzer müssen gefunden, Termine abgesagt und neu geplant werden. Patienten geraten in Panik oder sind ängstlich, weil sie die Abläufe nicht verstehen. Wichtige Informationen gehen verloren und die Fehlerquoten steigen.
Früher habe ich versucht, es allen recht zu machen. Übersetzer organisiert, Termine umgelegt, gewartet, telefoniert, Google-Übersetzer verwendet, Angehörige oder Verwandte angerufen, Begründungen für hohe Rechnungen für einbestellte Übersetzer geschrieben, die Liste ist lang.
Das führt zu Unmut. Diese Zeit habe ich nicht. Ein Strukturproblem? Mit Sicherheit. Kommunikation wird nicht bezahlt. Das trifft aber alle Patienten. Nicht nur die, die meine Sprache nicht beherrschen. Ohnehin finde ich eigentlich, dass Kommunikation ohne Sprachbarriere schwierig genug ist. (Bereits 2017 habe ich darüber einen Artikel verfasst).
Aber heute rege ich mich nicht mehr darüber auf. Ich bin Ärztin. Ich spreche drei Sprachen flüssig. Urdu und arabisch gehören nicht dazu. Ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Barriere nicht besteht?
Nein. Alle Patienten, die zu einem eingeplanten Sprechstundentermin kommen und keinen Übersetzer dabei haben, schicke ich ungesehen nach Hause. Es liegt in der Verantwortung der Patienten, sich darum zu bemühen. Dass meine Abteilung für einen medizinischen Übersetzer 500 Euro ausgibt, können wir uns nicht leisten. Auch das ständige Abrufen meiner ärztlichen Kollegen führt zu Überstunden und unterbricht ihre Arbeit. Mein ungarischer Kollege ist angestellt, um Echos durchzuführen. Für das Übersetzen von Aufklärungen ist er nicht zuständig.
Im Notfall bin ich leider dazu gezwungen. Aber auch hier gibt es Grenzen. Wenn mein Arabisch sprechender Kollege im OP steht, muss der Patient eben auf sein Schmerzmittel warten, bis er mir sagen kann, dass er keine Allergien hat. Wenn es drei Uhr nachts ist, führt das meist zu Überdiagnostik, weil ich durch Anamnese und klinische Untersuchung keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen kann.
Ein Beispiel? Der verunfallte Autofahrer spricht nur Slowenisch und kommt mit dem Notarzt in den Schockraum. Denn der Notarzt konnte nicht eruieren, wie schnell der Fahrer unterwegs war, ob er sich selbst abgeschnallt hatte oder gar nicht angeschnallt war. Der uralte Transporter ist eingedellt (war das schon so? Oder ist das von jetzt?), Airbags gab es keine. Kommt die Prellmarke an der Stirn von einer Schädelprellung oder war der Patient bewusstlos und nimmt vielleicht Blutverdünner?
Wir wissen es nicht. Also geht der Patient in die Traumaspirale. Auch wenn die Beule vielleicht schon einen Tag alt ist, der Fahrer keinerlei Beschwerden und eigentlich nur mit 30 km/h unterwegs war.
Die Gefahr, hier das Patientenleben zu gefährden und etwas zu übersehen, ist zu hoch. Die Überdiagnostik und Strahlenbelastung rechtfertigen kann ich. Den unnötigen Tod des Patienten nicht.
Diskriminierung? Nein. Davon distanziere ich mich ausdrücklich. Die moralische Keule packe ich übrigens deshalb nie aus. Das ist nicht meine Aufgabe.
Bildquelle: Nik MacMillan, unsplash