Eine Frau ist plötzlich für kurze Zeit bewusstlos. In der Notaufnahme machen sich die Ärzte auf die Suche nach der Ursache. Doch die bleibt zunächst unklar – auch, weil die Patientin ein wichtiges Detail verschweigt.
Der Rettungsdienst bringt eine Frau in die Notaufnahme. Die 44-Jährige war laut ihres Partners plötzlich ohne erkennbare Ursache bewusstlos geworden. In der Klinik ist sie zwar wieder ansprechbar, doch sie klagt über Übelkeit und starke Kopfschmerzen. Der Partner erzählt, die Frau sei etwa zwei bis drei Minuten ohnmächtig gewesen, ihr Körper dabei aber stark angespannt. Die Ärzte vermuten daher zunächst, dass ihre Patientin einen epileptischen Anfall erlitten hat.
Die medizinische Vorgeschichte der Frau umfasst Asthma, Urticaria und eine zwanzig Jahre zurückliegende Malaria-Infektion. Sie gibt zudem an, gelegentlich Alkohol zu trinken und zehn Zigaretten am Tag zu rauchen. Bei der körperlichen Untersuchung fällt den Ärzten nichts Besonderes auf, ein Elektrokardiogramm sowie eine Blutanalyse ist unauffällig. Die Ursache der Synkope bleibt zunächst unklar.
Das ist nicht die ganze Wahrheit
Die Ärzte befragen ihre Patientin erneut. Sie wollen wissen, ob kurz vor ihrem Ohnmachtsanfall etwas Besonderes vorgefallen sei. Zögernd erzählt die Frau dann die ganze Geschichte: Beim Oralsex mit ihrem Partner war sie kurz vor dem Orgasmus, als sie plötzlich bewusstlos wurde.
Vermutlich handelt es sich also um eine Reflexsynkope – ausgelöst durch den plötzlichen Anstieg des Blutdrucks. Doch weil die Patientin auch weiterhin an Übelkeit und starken Kopfschmerzen leidet, untersuchen die Ärzte sie mittels CT. Auf den Aufnahmen lässt sich eine Subarachnoidalblutung (SAH) feststellen – ein neurologischer Notfall. Die nicht-traumatische SAH wird häufig durch ein rupturiertes Aneurysma ausgelöst.
Häufige Fehldiagnose
Sofort wird die Frau in eine neurochirurgische Klinik überwiesen. Das in einer CT-Angiographie gefundene rupturierte Aneurysma wird mittels Coiling therapiert. Während ihres 14-tägigen Klinikaufenthalts erholt sich die Patientin vollständig. Auch vier Monate danach hat die Patientin keine Beschwerden.
Die Gefahr einer Aneurysma-Ruptur ist insbesondere bei Aktivitäten, die zum plötzlichen Anstieg des Blutdrucks führen, erhöht. Die Ärzte erklären in ihrem Bericht, dass sowohl der Blutdruck als auch die Herzfrequenz bei sexueller Aktivität sehr labil seien, wobei insbesondere Steigerungen während des Orgasmus zu beobachten sind. Der Fall unterstreiche die Bedeutung einer gründlichen Anamnese sowie die Berücksichtigung eines CT bei Verdacht auf Subarachnoidalblutungen. Schließlich würden Subarachnoidalblutungen häufig fehldiagnostiziert.
Quelle:
Subarachnoid haemorrhage: a sinister cause of transient loss of consciousness during oral sexJ Holmes, Y Gokdogan, BMJ Case Reports, doi: 10.1136/bcr-2018-228014; 2019
Bildquelle: Maria Rantanen