Früh behandelt, kann Myasthenie verlangsamt oder gestoppt werden. Die Diagnose ist jedoch schwierig. Oft treten die Störungen zuerst bei den Augen auf. Um die typische Ermüdung der Augenmuskeln zu messen, machten sich Neurologen einen Trick aus der Gleichgewichtsforschung zunutze.
Bei der Myasthenie handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit mit Störung der Signalübertragung vom Nerv auf den Muskel. Die Folgen sind Ermüdung und Schwäche der Muskeln. Bei der generalisierten Form der Myasthenie sind mehrere Muskelgruppen betroffen und führen zum Beispiel zum Herabhängen der Augenlider und zu Doppelbildsehen, zu Schluck- und Sprechproblemen, zu Atembeschwerden sowie zu Schwäche und rascher Ermüdung der Arm- und Beinmuskulatur. Die okuläre Myasthenie betrifft ausschließlich die Augen, kann jedoch in eine generalisierte Form übergehen.
Myasthenie ist eine seltene Krankheit, die betroffenen Patienten sind jedoch je nach Ausbreitung und Verlauf der Krankheit stark beeinträchtigt. Mit einer möglichst frühzeitig einsetzenden Therapie kann das Fortschreiten der Myasthenie verlangsamt oder sogar gestoppt werden. Wegen ihrer vielfältigen Manifestation und ihrer schleichenden Entwicklung ist Diagnose der Krankheit aber schwierig. Dafür werden verschiedene Methoden eingesetzt, wie die Untersuchung des Blutes auf Antikörper oder eine neurophysiologische Untersuchung. Die bisherigen Methoden sind insgesamt sehr aufwendig und anspruchsvoll, lassen aber erst bei fortgeschrittener Erkrankung eine Diagnose zu oder sind nicht immer zuverlässig.
Forscher des UniversitätsSpitals Zürich haben nun einen Test entwickelt, mit dem sehr früh, mit geringem Aufwand und hoher Treffsicherheit festgestellt werden kann, ob eine okuläre Myasthenie vorliegt. Oft treten die Beschwerden und Störungen zuerst oder alleine bei den Augen auf. Die Augenmuskeln ermüden dann rasch, sodass der Patient oft doppelt sieht. Für entsprechende Tests sind die Augenmuskeln jedoch nur schlecht erreichbar. Um die myasthenietypische Ermüdung der Augenmuskeln zu messen, machten sich deshalb Neurologin Dr. Yulia Valko und ihr Team eine Technik aus der Gleichgewichtsforschung zunutze: Mit einem auf der Stirn aufgesetzten Vibrationsgerät aktivierten sie über die Gleichgewichtsorgane die Augenmuskeln, um dann die elektrischen Impulse der Muskeln direkt unter den Augen zu messen. In der Studie konnten die Forscher nun nachweisen, dass sich aus den dabei aufgezeichneten Kurvenwerten mit hoher Wahrscheinlichkeit ablesen lässt, ob eine okuläre Myasthenie vorliegt oder nicht. „Wir waren sehr aufgeregt, als wir sahen, dass die Methode tatsächlich funktioniert“, sagt Yulia Valko. „Es ist ein einfacher Trick, der jedoch völlig neue Türen öffnet. Wir wissen nun, dass die Methode funktioniert und dass wir auf dem richtigen Weg sind. Jetzt werden wir sie weiterentwickeln und validieren, damit sie den betroffenen Patienten und den behandelnden Ärzten möglichst bald zur Verfügung steht.“ Originalpublikation: Ocular vestibular evoked myogenic potentials as a test for myasthenia gravis Yulia Valko et al.; Neurology, doi: 10.1212/WNL.0000000000002383; 2016