Der Trend zur Kooperation in der ambulanten Medizin ist ungebrochen. In einer kleinen Serie stellt Andrea Schannath, Rechtsexpertin des NAV-Virchow-Bundes die Vor- und Nachteile der verschiedenen Kooperationsformen für niedergelassene Ärzte vor. Diesmal: Sonderformen der Berufsausübungsgesellschaft.
Im ersten Teil der Serie „Kooperationsformen“ ging es um die Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). In einer BAG teilen sich zwei oder mehrere Ärzte ihre Praxisräume, Geräte und das Personal. Sie organisieren ihre Praxis gemeinsam, rechnen gemeinsam ab und teilen den Gewinn zu gleichen Teilen auf (außer sie treffen eine abweichende Vereinbarung).
Die BAG ist ein Erfolgsmodell, aus dem sich mittlerweile einige Sonderformen entwickelt haben: Job-Sharing-BAGs, Teil-BAGs und MVZ.
Job-Sharing-BAG
Bei der Job-Sharing-BAG teilen sich zwei Ärzte einen Arztsitz. Das ist ein beliebtes Modell für Ärztinnen und Ärzte, die zum Beispiel junge Kinder haben oder in Altersteilzeit wechseln möchten.
Wichtig ist, dass folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
Der Juniorpartner erhält eine beschränkte Zulassung, die vom Bestehen der Zulassung des Seniorpartners abhängig ist. Nach zehn Jahren gemeinschaftlicher Berufsausübung erhält der Juniorpartner eine Vollzulassung und die Leistungsbegrenzungen entfallen.
Eine Job-Sharing-BAG ist auch in Regionen mit Zulassungsbeschränkungen erlaubt. Dadurch, dass ein bereits vorhandener Arztsitz auf zwei Personen verteilt wird, kann sich auch in einem gesperrten Gebieten ein neuer Arzt niederlassen. Der Nachteil ist, dass beide Partner sich zur Mengenbegrenzung bei der Abrechnung verpflichten müssen. Es lohnt sich also zu kalkulieren, ob beide von den geteilten Einnahmen leben können.
Teilberufsausübungsgemeinschaften (Teil-BAG)
Seit 2007 können BAG auch als Teil-BAG geführt werden. Bei Teil-BAGs beschränkt sich die Kooperation auf einzelne Leistungen, z. B. auf die fachübergreifende gemeinschaftliche Betreuung eines bestimmten Patientenklientels oder auf ambulantes Operieren.
Die abgerechneten ärztlichen Leistungen müssen von den Partnern der Teil-BAG aber weiterhin selbst, also persönlich, erbracht werden. Es ist nicht erlaubt, dass Patienten gegen Entgelt an andere Ärzte einer Teil-BAG weiterverwiesen werden.
Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)
Das Medizinische Versorgungszentrum ist ebenfalls eine Variante der BAG. Im Unterschied zu einer üblichen BAG können MVZ aber von jedem Leistungserbringer gegründet werden, also zum Beispiel auch von Kliniken und Dialyseeinrichtungen. Mittlerweile sind auch fachgleiche MVZ erlaubt, zum Beispiel reine Hausarzt-MVZ.
MVZ werden ärztlich geleitet. Mindestens zwei Ärzte müssen im MVZ arbeiten, entweder angestellt oder als selbstständige Vertragsärzte.
Damit ein MVZ gegründet werden kann, müssen Vertragsarztsitze eingebracht werden. Dasselbe gilt, wenn neue Ärzte angestellt werden. Ist ein Vertragsarztsitz ausgeschrieben, können MVZ sich dafür bewerben, ohne den Namen des Arztes nennen zu müssen. Sie können also zuerst den Sitz erwerben und erst danach auf die Suche nach einem Arzt gehen, der den Sitz ausfüllt. Wenn ein Arzt das MVZ verlässt, bleibt die Zulassung üblicherweise im MVZ und kann nachbesetzt werden.
Bei der Rechtsform haben MVZ aktuell noch großen Spielraum; allerdings plädieren immer mehr Verbände genau wie der NAV-Virchow-Bund dafür, nur noch die Rechtsform der gGmbH zuzulassen. So werden sie per Rechtsform auf Gemeinnützigkeit verpflichtet. Denn Kapitalinvestoren haben MVZ für sich als Spekulationsobjekte entdeckt – mehr dazu im Artikel MVZ: Die dunkle Bedrohung?.
Andrea Schannath, Justiziarin des NAV-Virchow-Bundes, berät niedergelassene und ambulant angestellte Ärztinnen und Ärzte zum Arbeitsrecht und allen weiteren rechtlichen Fragen rund ums Praxis-Management und die Niederlassung.
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