In einer Studie wurde die Wirkung von Safran bei jungen ADHS-Patienten mit dem Standardwirkstoff Methylphenidat verglichen. Signifikante Unterschiede gab es nicht. Kommt die nächste Therapie aus dem Gewürzregal?
Mit einer Diagnoseprävalenz vor rund vier Prozent gehört die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zu den häufigsten psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen. Ärzte finden ADHS bei Jungen dreimal so häufig wie bei Mädchen. Patienten erhalten vorrangig Methylphenidat. Alternativ stehen Amphetamin, Guanfacin oder Atomoxetin zur Verfügung, Kombinationstherapien sind ebenfalls möglich. Die Pharmaka gehen mit unterschiedlichen Nebenwirkungen einher. Forscher der Tehran University of Medical Sciences im Iran gingen deshalb der Frage nach, ob sich Safran (Crocus sativus) als Alternative eignen könnte. Interessenskonflikte geben sie nicht an.
Randomisierte kontrollierte Studie zeigt vergleichbare Effekte
Ihre Idee kommt nicht von ungefähr, denn ältere Arbeiten zeigen positive Effekte der Pflanze bei leichten Depressionen. Vermutlich wird die Wirkung über NMDA- und über GABA-Rezeptoren vermittelt.
Für ihre Studie rekrutierten die Forscher 54 Kinder zwischen 6 und 17 Jahren. Sie mussten laut Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5), einem Klassifikationssystem für psychische Störungen, an ADHS leiden. Psychiatrische Komorbiditäten waren ein Ausschlusskriterium.
Vergleichbare Wirkungen und Nebenwirkungen
Alle Teilnehmer erhielten randomisiert abhängig vom Körpergewicht pro Tag 20 bis 30 mg Methylphenidat oder 20 bis 30 mg Safran in Kapselform. Ihre Symptome wurden anhand der ADHD Rating Scale-IV, einem symptomorientierten Fragebogen für medizinische Laien, erfasst. Bewertungen kamen von Eltern bzw. Lehrern.
Insgesamt schlossen 50 Patienten die Studie ab. Nach 5 Wochen fanden die Forscher keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Sie schreiben, bei der Kurzzeittherapie hätten Safrankapseln einen ähnlichen Effekt wie Methylphenidat. Welche Symptome sich im Detail verbessert haben, geben sie nicht an, nur Änderungen an ihrer ADHD Rating Scale werden genannt.
Auch die Nebenwirkungen seien vergleichbar gewesen, heißt es im Artikel. Hier nennen die Autoren v.a. Kopfschmerzen (Safran 2 Patienten versus Methylphenidat 5 Patienten), Mundtrockenheit (2 versus 3 Patienten), Übelkeit (2 versus 4 Patienten), Erbrechen (2 versus 4 Patienten), Schlaflosigkeit (2 versus 5 Patienten), Appetitlosigkeit (2 versus 5 Patienten) und starkes Schwitzen (2 versus 2 Patienten).
Pilotstudie mit Schwächen
Dass Phytopharmaka bei psychiatrischen Leiden einen Effekt zeigen, ist vom Echten Johanniskraut (Hypericum perforatum) seit Jahren bekannt. Die Heilpflanze kommt bei leichten bis mittelstarken depressiven Verstimmungen oder bei nervöser Unruhe zum Einsatz. Gerade der Vergleich zeigt, wo eine mögliche Schwäche der aktuellen Studie liegt. Johanniskraut-Präparate enthalten standardisierte Extrakte der Heilpflanze. Die Autoren des aktuellen Papers machen keine Anmerkungen zum Pflanzenmaterial. Je nach Anbaubedingungen und Sonnenexposition sind Unterschiede zu erwarten.
Mit 50 Teilnehmern ist ihre Kohorte auch recht klein, die Autoren sprechen selbst von einer „Pilotstudie“. Nicht zuletzt fällt auf, dass 6 Wochen bei einer Krankheit wie ADHS zu kurz sind, um den Mehrwert einer Heilpflanze gegenüber einem in großen Kohorten untersuchten Molekül zu beurteilen. Hohe Kosten durch das teuerste Gewürz der Welt sind kein Hinderungsgrund. Methlyphenidat liegt generisch bei rund 20 Euro für 50 Tage. Safran schlägt pro Gramm mit etwa 20 Euro zu Buche: einer Menge für 30 bis 50 Tage. Ob Safran tatsächlich einmal zur Therapie von ADHS empfohlen wird, bleibt dennoch fraglich. Jetzt sind erstmal weitere Daten gefragt.Bildquelle: ulleo, pixabay