Immer Ärger mit der Grippe: Die Meinungen, wie hoch eine Impfdosis vergütet werden sollte, gehen bei Apothekern und Gesetzgebern auseinander. Warum in Apotheken über die Deckelung von Verdiensten diskutiert wird.
Engpässe, Verteilungsprobleme und jetzt auch noch neuer Ärger um die Vergütungszuschläge: Um die Grippeimpfung entbrennt in jedem Jahr ein neuer Streit. Gab es in der vergangenen Saison noch die Frage, ob der tri- oder der tetravalente Impfstoff von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird, bahnen sich nun Probleme mit dessen Vergütung an. Denn darüber machen sich die Regierungsfraktionen im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) Gedanken. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat in einem ersten Entwurf für die Vergütung von Grippeimpfstoffen einen Preis festgelegt, der für viele Apotheken nicht kostendeckend sein dürfte.
Verordnung: So lief es früher
Früher unterlagen Grippeimpfstoffe, wie andere Medikamente auch, den Rabattverträgen zwischen Herstellern und Krankenkassen. Diese Regelung wurde durch die Politik gestrichen, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Grippeimpfstoffen nicht zu gefährden. Grund dafür war die Angst, es könnte durch wenige lieferberechtigte Rabattpartner zu Lieferengpässen kommen. Seither ist die Versorgung der Arztpraxen mit Grippeimpfstoffen so geregelt, dass die Ärzte entweder einen bestimmten Impfstoff aufschreiben oder ihn generisch verordnen können.
Geringe Vergütung für geringen Aufwand?
Eine aktuelle Überlegung von SPD und CDU ist es, das Honorar für Grippeimpfstoffe im Sprechstundenbedarf zu begrenzen. In einem ersten Entwurf hieß es, dass Apotheken künftig maximal einen Euro pro Impfdosis verdienen dürfen. Pro Verordnungszeile auf dem Kassenrezept konnten jedoch höchstens 20 Euro Zuschlag abgerechnet werden.
Diese Deckelung würde dafür sorgen, dass bei einer ärztlichen Verordnung von zum Beispiel 200 Impfdosen auf einem Rezept nur 20 Euro als Vergütung für die Apotheken übrig bleiben. Das entspricht einem Verdienst von zehn Cent pro Einzeldosis. Die Begründung der Regierungsfraktionen für diese niedrige Marge: Bei einer direkten Belieferung an die Ärzte findet keine Beratungsleistung statt. Somit würde in den Apotheken nur der logistische Aufwand anfallen. Dieser sei damit ausreichend vergütet.
Anfrage, Lagerung, Kühlung und Transport – für 10 Cent?
Viele Apotheker sehen das anders. Das finanzielle Risiko eines saisonalen Impfstoffs müsse berücksichtig werden. Denn: Die Impfstoffe müssen rechtzeitig bestellt und vorfinanziert werden. Dazu werden die Arztpraxen in der Regel bereits Monate vorher angeschrieben und zu den voraussichtlichen Bestellungen befragt. Kommt die Lieferung, muss sie oft tage- und manchmal wochenlang im Kühlschrank lagern. Die Apotheken müssen in solchen Fällen warten, bis die Praxen genug Kapazitäten geschaffen haben, um die Impfungen ordnungsgemäß zu verstauen.
Auch die gekühlte Lieferung übernimmt in der Regel die Apotheke, samt Transportrisiko. Dazu kommt die Gefahr, dass Ärzte sich im letzten Moment noch einmal umentscheiden und einige Dosen weniger abnehmen, als sie zuvor bestellt hatten. Da sehen die meisten Pharmazeuten einen Euro Verdienst pro Impfstoff als unterste zumutbare Grenze an – zehn Cent dagegen als nicht annehmbar.
Deckelung angepasst, Verunsicherung bleibt
Auch CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich kommentierte die Debatte. Er bezeichnete den Entwurf als „lebensfremd“ und betonte, wie wichtig die Festvergütung von einem Euro pro Impfdosis sei. Inzwischen wurde die Formulierung des TSVG-Entwurfs geändert. Der Zusatz „höchstens“ vor der Festvergütung wurde gestrichen und die Deckelung angepasst. Apotheken können jetzt maximal 75 Euro pro Verordnungszeile abrechnen.
Dennoch bleibt die Verunsicherung. Der Aufwand, der mit Bestellungen, gekühlter Lagerung und Lieferung verbunden ist, sei auch mit der neuen Regelung nicht angemessen entlohnt, lautet die Kritik. Außerdem werden jetzt schon Grippeimpfstoffe bestellt, ohne dass feststeht, wie sie am Ende vergütet werden. Entsprechend ungünstig empfinden viele Apotheker den Zeitpunkt der geplanten Gesetzesänderung.
Beitrag von Eva Bahn
Bildquelle: ttaaj, flickr