Neue Krebsmedikamente müssen bei der Zulassung oft nur gegen ein anderes Medikament oder ein Placebo bestehen. Um Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Medikamenten zu schaffen, führten Forscher nun eine große Vergleichsstudie durch. Sie wiesen erstmals wirksame Kombinationen nach.
Sogenannte neuroendokrine Tumore können überall im Körper aus hormonproduzierenden Zellen entstehen. Sie treten immer häufiger auf. Dementsprechend erscheinen zahlreiche neue Medikamente auf dem Markt. „Die zunehmende Anzahl neuer Therapiemöglichkeiten ist natürlich erfreulich“, sagt Prof. Martin Walter von der Universität Genf. Er hat die Studie entwickelt und koordiniert. Da jedoch nur wenige Vergleichsstudien zwischen diesen Medikamenten durchgeführt würden, stelle dies die behandelnden Ärztinnen und Ärzte vor Probleme, wenn es darum geht, die bestmögliche Behandlung für jede Patientin und jeden Patienten zu finden. „Tatsächlich ist es ausreichend, die Überlegenheit eines neuen Medikaments über ein bisheriges Medikament oder sogar nur Placebo nachzuweisen, um von den Behörden zugelassen zu werden und auf den Markt zu gelangen“, sagt Walter.
„In einer solchen Situation ist eine Metaanalyse von großem Wert, um indirekt Vergleiche zwischen Medikamenten anzustellen, die bisher in keinem direkten Vergleich standen“, sagt Dr. Reto Kaderli von der Universität Bern, Erstautor der Studie. „Dies ermöglicht es uns auch, alle verfügbaren Daten einzusetzen, um die bestmöglichen Therapien zu ermitteln.“ Die internationale Forschergruppe um Dr. Kaderli und Prof. Walter ist die bisher umfassendste Metaanalyse von klinischen Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten bei neuroendokrinen Tumoren. Die Ergebnisse zeigen, dass Medikamente in Kombination besser wirken als einzeln. Die Studie wurde im Journal of the American Medical Association Oncology (JAMA Oncology) publiziert.
Unabhängige Studien werden weniger berücksichtigt
Die Metaanalyse umfasste 30 randomisierte kontrollierte klinische Studien mit 3.895 Patienten. Ihnen waren insgesamt 22 Medikamente zugeteilt. „Eines der überraschendsten Resultate unserer Studie ist die hohe – und oft unterschätzte – Wirksamkeit von kombinierten Medikamenten“, sagt Kaderli. „Genauso überrascht waren wir zu sehen, dass diese kombinierten Therapien in internationalen Empfehlungen von medizinischen Verbänden untervertreten sind.“ Tatsächlich zeigt die Metaanalyse, dass Studien, in denen Medikamente verschiedener Hersteller kombiniert wurden, hauptsächlich von unabhängigen Forschenden stammen. Deren Resultate werden in den offiziellen Behandlungsempfehlungen weniger berücksichtigt als Studien, die im Auftrag von Pharmafirmen durchgeführt werden.
Erfolg der Nuklearmedizin
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass radioaktive Therapien wirksam und relativ sicher sind. „Als Spezialist auf dem Gebiet der Nuklearmedizin bin ich sehr erfreut über die vielversprechenden Resultate unserer radioaktiven Therapien“, sagt Prof. Walter. Ein entsprechender Nachweis stehe bei chirurgischen Optionen noch aus, bei denen randomisierte kontrollierte Tests in Kombination mit anderen Therapien noch fehlen. „Unsere Arbeit ist ein wichtiger Schritt auf der Suche nach der bestmöglichen Behandlung für Patientinnen und Patienten mit endokrinen Tumoren, und zeigt die Bedeutung von weiteren unabhängigen, evidenzbasierten Studien“, so Dr. Kaderli.
Quelle: Pressemitteilung der Universität Bern
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