Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden oft mit großem Aufwand multidisziplinär im Rahmen spezialisierter Hochschulmedizin therapiert. Die damit verbundenen Kosten finden sich aber nicht in pauschalen Abrechnungen der Diagnosis Related Groups (DRG) wieder.
Aufgrund ihrer Spezialisierung und technischen Ausstattung sind Universitätsklinika in besonderem Maße mit der fachgerechten Betreuung von Patienten betraut, die unter seltenen oder besonders schweren Erkrankungen leiden. Dazu zählen unter anderem die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Eine lebenslange spezialmedizinische Behandlung, die oft schon im Kindes- und Jugendalter beginnt, beinhaltet unter anderem kontrastmittelgestützte Bildgebung, interventionelle Endoskopie, den vermehrten Einsatz von Blutprodukten, antimikrobiellen Substanzen, Immuntherapeutika und Biologika, in einigen Fällen auch eine Organtransplantation. Bei der Abrechnung der erbrachten Leistungen stehen die Kliniken vor ökonomischen Herausforderungen. Seit 2004 gilt in Deutschland ein für alle Plankrankenhäuser verbindliches Pauschalabrechnungssystem. Basierend auf sogenannten Diagnosis Related Groups (DRG) werden hierbei die Kosten stationärer Behandlungen anhand von Fallgruppen mit methodischer Ähnlichkeit pauschal vergütet. „Insbesondere bei der Behandlung komplexer Erkrankungen erscheint uns das DRG-Abrechnungskonzept problematisch, da es aufgrund seiner Berechnungsgrundlage einzelne Krankheitsbilder nicht hinreichend abbildet“, sagt Prof. Dr. Daniel C. Baumgart, Geschäftsführender Oberarzt an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie und Hepatologie am Campus Virchow Klinikum der Charité. „Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen benötigen eine intensivere Pflege und aufwendigere Behandlungen als andere Patienten mit Erkrankungen des Verdauungstraktes. Sie profitieren insbesondere von der Betreuung durch multidisziplinäre Teams an Universitätsklinika.“
Die aktuelle Studie bezieht in ihre Analyse mehr als 3.000 klinische Fälle ein und zeigt erstmals detailliert die wirklichen finanziellen Aufwendungen für eine stationäre, hochschulmedizinische Behandlung von Patienten, die unter Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa leiden, im Vergleich zu den finalen Erlösen. Es ist die erste Untersuchung dieser Art in einem europäischen DRG-System. „Der finanzielle Mehraufwand bei komplexen Behandlungen wird nicht in den nativen DRGs abgebildet und nur teilweise durch Zusatzentgelte aufgefangen“, so Prof. Baumgart. „Das DRG-System setzt zudem falsche Anreize für eine erlösvorteilhafte Therapie, was nicht im Sinne einer verantwortungsbewussten Betreuung von Patienten sein kann,“ ergänzt der Gastroenterologe. Stark spezialisierte Fachdisziplinen, seltenere Krankheitsbilder und entsprechende Behandlungsverfahren sehen sich einem zunehmenden Selektionsdruck ausgesetzt. Originalpublikation: The Expenditures for Academic Inpatient Care of Inflammatory Bowel Disease Patients Are Almost Double Compared with Average Academic Gastroenterology and Hepatology Cases and Not Fully Recovered by Diagnosis-Related Group (DRG) Proceeds Daniel C. Baumgart et al.; PLoS One, doi: 10.1371/journal.pone.0147364; 2016