In Deutschland ist es nicht verboten, Konversionstherapien anzubieten. Das Ziel solcher Behandlungen ist es, Homosexualität zu heilen. Gesundheitsminister Jens Spahn will so schnell wie möglich ein gesetzliches Verbot umsetzen. Wie realistisch ist seine Forderung?
„Homosexualität ist keine Krankheit und damit auch nicht therapiebedürftig. Deshalb bin ich für ein Verbot der Konversionstherapie“, twitterte der Bundesgesundheitsminister am 15. Februar und verlinkte ein Interview mit der Tageszeitung TAZ. „Ich halte nichts von diesen Therapien, schon wegen meines eigenen Schwulseins“, bezieht er darin Stellung.
Tweet vom 15. Februar
Problematischer Graubereich
Es geht um Methoden, die angewendet werden, um Menschen von ihrer Homosexualität zu heilen. Solche Therapien wurden laut Spiegel unter anderem von der Offensive junger Christen (OJC) angeboten und werden es womöglich immer noch. Denn in Deutschland sind diese Behandlungen nach wie vor erlaubt – oder zumindest nicht verboten. Spahns Vorschlag: Ein Gesetz, das die Ausübung solcher Therapien verbietet. Schon im Vorjahr hatte er diese Forderung geäußert, doch erst jetzt scheint das Projekt Gestalt anzunehmen. Im Rahmen einer Schnellstudie sollen Modelle aus anderen Ländern verglichen werden, in denen es bereits gesetzliche Maßnahmen gegen Konversionstherapien gibt. Basierend auf den Ergebnissen soll im nächsten Schritt auch ein Ansatz für Deutschland gefunden werden. Das soll schon im Sommer dieses Jahres passieren, wenn es nach Spahn geht.
500 Euro Strafe: „Eine Nummer zu klein“
In elf Bundesstaaten der USA sowie in Malta und Ecuador sind Konversionstherapien komplett verboten. Auch hierzulande ist die Debatte um ein Verbot nicht neu. Schon im Jahr 2013 schlugen Volker Beck und weitere Fraktionsmitglieder vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in einem Gesetzesentwurf vor, Therapien mit dem Ziel der Änderung der sexuellen Orientierung bei Minderjährigen zu ahnden. „Die Vorschrift stuft das Anbieten und die Durchführung von Therapien mit dem Ziel der Änderung der sexuellen Orientierung als Ordnungswidrigkeiten ein und sieht eine Geldbuße von mindestens 500 Euro vor“, so die damalige Forderung. „Gegen sogenannte Konversions- bzw. Reparationstherapien richtete sich bereits 2013 ein Beschluss des Weltärztetages, dem auch die deutsche Bundesärztekammer angehört“, heißt es in einer Kleinen Anfrage einer Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE aus dem Juli 2018, zuvor hatten schon die Grünen im Jahr 2017 in diesem Zusammenhang eine Anfrage gestellt.
Auf den damaligen Gesetzesentwurf der Grünen angesprochen, antwortete Spahn, eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro sei zu wenig, denn sie schrecke nicht genug ab. „Mir ist die Ordnungswidrigkeit eine Nummer zu klein. […] Das Berufsrecht sollte regeln, dass es Konsequenzen für die Ausübung des Berufs hat, wenn jemand diese Therapien anbietet. Im Sozialrecht sollte erklärt werden, dass es keine Vergütung für diese Angebote geben darf. Für das Strafrecht ist noch fraglich, welches Strafmaß angemessen ist.“
Ist Spahn naiv?
Welche Argumente sprechen dagegen, gesetzliche Maßnahmen gegen Konversionstherapien zu ergreifen? Diese Frage bleibt seitens der Bundesregierung unbeantwortet. Von einem Verbot war bisher nie die Rede. Man setze lieber auf eine „frühzeitige sachgerechte Aufklärung und Information“, lautete die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linken im vergangenem Jahr. Spahn ist trotzdem zuversichtlich und rechnet mit Zuspruch für sein Vorhaben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Unionsfraktion im Bundestag einen Anhänger von Konversionstherapien gibt“, sagte er im Interview.
Bildquelle: Stanleydai, unsplash