Resistente Tuberkulose-Erreger stellen Ärzte vor Herausforderungen. Ihnen bleiben nur noch wenige Reservesubstanzen. Jetzt zeigen Forscher, dass Vitamin D speziell multiresistente Formen der Erkrankung beeinflusst. Profitieren Patienten wirklich davon?
Durch die zusätzliche Gabe von Vitamin D zur Antibiotikatherapie könnte das Immunsystem von Tuberkulose-Patienten gestärkt werden. So lautet die Studienaussage von David A. Jolliffe vom Queen Mary University of London und Kollegen. Wie aussagekräftig sind die Ergebnisse?
Neben HIV und Malaria gehört Tuberkulose zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung soll infiziert sein, schreibt das Robert Koch-Institut. Von ihnen erkranken etwa fünf bis zehn Prozent im Laufe ihres Lebens. Vor allem in Nachfolgestaaten der Sowjetunion fehlen Medikamente. Hier liegt die Rate an multiresistenten Tuberkulose-Erregern (MDR-TB) bei 12,9 Prozent. Bei Menschen, die in Deutschland geboren wurden und aufgewachsen sind, liegt der Wert nur bei 0,6 Prozent. Kritisch werden Resistenzen gegen beide Erstrangmedikamente, nämlich Isoniazid und Rifampicin. Dann bleibt laut den Leitlinien nur noch, je nach Empfindlichkeit der Erreger zu therapieren. Die Forscher zeigen jetzt, dass Vitamin-D-Supplemente möglicherweise einen Mehrwert bieten.
Für die Metaanalyse wurden individuelle Daten von 1.850 Patienten ausgewertet, die an klinischen Studien in acht Ländern teilgenommen hatten: in Großbritannien, Pakistan, Bangladesch, Indien, Indonesien, Mongolei, Republik Georgien und Guinea-Bissau. Von Vitamin D-Supplementen profitierten vor allem Patienten mit multiresistenten Tuberkulose-Erregern. Hier kam es zur schnelleren mukoziliären Clearance. Das heißt, Mycobacterium-tuberculosis-Keime wurden rascher ausgeschieden. Andere Patienten profitierten von den Supplementen nicht. Nebenwirkungen traten in keiner Gruppe zu nennenswertem Maße auf.
„Unsere Studie zeigt die Möglichkeit, dass Vitamin D – das sehr sicher und kostengünstig ist – dieser schwer zu behandelnden Patientengruppe durch einen neuartigen Behandlungsansatz von Nutzen sein könnte“, erklärt Adrian Martineau vom Queen Mary’s Blizard Institute in einer Meldung. „Durch die Zugabe von Vitamin D zur Antibiotika-Behandlung können wir das Immunsystem stärken, um den Körper bei der Beseitigung von TB-Bugs zu unterstützen, anstatt sich auf Antibiotika zu verlassen, um die Bakterien direkt abzutöten.“ Ganz so einfach ist die Sache aber nicht.
Für klinische Empfehlungen ist es noch zu früh. Das geben selbst die Autoren zu, denn offene Fragen bleiben. Basis ihrer Arbeit waren randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) – eine gute Basis, aber Jolliffe und Kollegen fehlen Informationen zum Vitamin-D-Status der Patienten. Es lässt sich nicht eindeutig beweisen, aus welchem Grund die Probanden von der Vitamin-D-Gabe profitiert haben. Hatten diese Patienten lediglich ein Defizit oder haben auch Patienten ohne ein Defizit profitiert? Diese Fragen bleiben offen. Außerdem erhielten die Patienten je nach Resistenzlage unterschiedliche Pharmaka, was zu nicht vergleichbaren Einflüssen auf das Immunstem führen könnte. Nicht zuletzt arbeiteten die Forscher nur mit Daten zur Clearance. Weitere klinische Untersuchungen auf diesem Gebiet und relevante Endpunke wären wünschenswert.
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