Im Dienst bin ich in jedem Moment einsatzbereit. Defi, Beatmungsgeräte, Rucksäcke: Alles wartet auf den Einsatz. Ich bin so perfekt vorbereitet, dass ich immer innerhalb kürzester Zeit am Einsatzort sein kann. Wenn dann kein Einsatz kommt, passiert mit mir etwas Seltsames.Die Ruhe vor dem Sturm. So nennt man das wohl, wenn auf der Rettungsleitstelle nichts zu tun. Wenn alles gesaugt, geputzt, sortiert, abgeheftet und erledigt ist.
Jetzt in diesem Moment stehen in Deutschland weit über 1000 Teams aus Notärzten und Notfallsanitätern bereit, um mit ihrem Notarzteinsatzfahrzeug sofort zum Einsatzort zu fahren. Außerdem sind knapp 90 Teams bestehend aus Piloten, Notfallsanitätern und Notärzten stets bereit, alles stehen und liegen zu lassen, um loszufliegen und zu helfen.
Wir alle haben etwas gemeinsam. Wir wurden ausgebildet um Menschen – oder Tiere – in Not zu helfen. Wir tragen einen Pager, einen DME, ein Funkgerät oder ein Telefon mit uns, um im Moment des Notrufes sofort einsatzbereit zu sein.
Vorbereitung ist alles
Manchmal müssen wir während des Dienstes duschen. Ich versuche zum Beispiel immer nach einer Reanimation zu duschen. Dann lege ich alles so bereit, dass ich selbst bei einem Alarm unter der Dusche schnell wieder angezogen und einsatzbereit wäre.Wir packen morgens alle Geräte einmal aus, checken den Defi, die Beatmung, gehen die Rucksäcke durch. Danach wird alles verstaut, einsatzbereit gemacht.
Ruhe bedeutet nichts zu tun. Abzuwarten.
Was irgendwie absurd ist, weil draußen das Leben ja weitergeht. Und eigentlich könnte man ja auch was anderes tun, wenn man wüsste, dass es so ruhig bleibt. Zum Sport gehen, das Auto durch die Waschstraße fahren und um 15:30 Uhr ins Stadion. Was man eben an einem Samstag so macht.Weil wir aber nicht wissen, wann und wo ein Notfall passiert, sind wir immer bereit.
Und dann passiert nichts
Manchmal sitzt man dann wirklich stundenlag da und es passiert nichts.Ich fahre ab und zu auch bodengebunden in einem etwas ländlichen Bereich. Da kann es tatsächlich auch mal passieren, dass wir einen „Nuller“ haben. Keinen einzigen Einsatz, den ganzen Tag über. Das kommt dort so drei oder vier Mal im Jahr vor.
Die Raucher fluchen dann meistens, weil die erste Schachtel schon vor 15 Uhr leer ist. Ich habe irgendwann all die Arbeit die ich mir mitgenommen habe erledigt und nach ein paar Stunden ist Bücher lesen auch langweilig.Im Fernsehen läuft seit sechs Stunden Biathlon und Dschungelschwachsinn, das hält ja auch kein Mensch aus. Dann döst man da so vor sich hin und wenn man ehrlich ist, ist das ein ziemlich blöder Zustand.
Alarmiert durch Langeweile
Wir haben uns morgens unsere Uniform angezogen, alles gecheckt, gepflegt, gewartet, damit wir Menschen in Not retten können. Nicht, damit wir rumsitzen und uns langweilen.
Wenn man dann keinen Einsatz hat, kommt man sich sehr schnell sehr überflüssig vor.
Wir sind quasi arbeitslos.
Das ist gut für den Bürger, weil es dem ja gut geht. Einen besseren Zustand könnte es ja eigentlich nicht geben, alle achtzig- bis hunderttausend Einwohner in unserem Einzugsgebiet erfreuen sich bester Gesundheit!Oder sie sind zumindest nicht so krank, dass sie jetzt gerade einen Notarzt benötigen.
Das ist ja eigentlich was Schönes. Das muss man sich dann auch mal sagen und dann geht es wieder. Dem Bürger geht es gut.Und ich fahre jetzt nach einem Dienst nach Hause in dem ich nichts erlebt habe. Muss es auch mal geben. Eine Nullrunde.
Schlecht für uns, gut für den Bürger.Bildquelle: Magda Ehlers, pexels