Fortgeschrittene Karies, Beschädigungen des Zahns nach einem Unfall: Diese und andere Faktoren können zu einer Entzündung des Zahnnervs führen. Noch vor einigen Jahren war die Folge unausweichlich: Der Zahn musste gezogen werden. Heute ist das nicht mehr so, denn der Zahnarzt kann das entzündete Gewebe entfernen und der Zahn kann dauerhaft erhalten bleiben.
Dabei klingt »Wurzelbehandlung« oder auch Wurzelkanalbehandlung in den Ohren vieler Patienten wie eine Drohung. Zu Unrecht, denn mit modernen Behandlungsmethoden und vor allem einer wirksamen lokalen Betäubung verläuft die Behandlung weitgehend schmerzfrei. In diesen Fällen hilft eine Wurzelbehandlung Eine Wurzelbehandlung ist immer dann angezeigt, wenn die Nervensubstanz des Zahnes durch eine Entzündung irreparabel geschädigt ist, der Zahn selbst aber noch erhalten werden kann. Dabei ist die Häufigkeit von Wurzelbehandlungen nicht in erster Linie vom Alter abhängig.
Zwar können ältere Patienten häufiger betroffen sein, wenn beispielsweise eine Karies weit vorangeschritten ist. Aber auch jüngere Patienten können beispielsweise nach Sportunfällen mit einer physischen Beschädigung des Zahnes Kandidaten für eine Wurzelbehandlung sein. Darüber hinaus kann eine Wurzelbehandlung bei einem an sich gesunden Zahn notwendig werden, wenn es zu einer Fraktur des Zahns kommt, die mit einem Stiftaufbau behandelt werden soll. In diesen Fällen wird der Stift nämlich in den (gesunden) Wurzelkanälen des Zahnes fest verankert. So funktioniert die Wurzelbehandlung Der Zahnarzt wird zuerst ein Röntgenbild anfertigen, um sich einen genauen Eindruck darüber zu verschaffen, wo die Entzündung genau sitzt und wie weit sie sich ausgebreitet hat. Außerdem wird der behandelnde Arzt feststellen, wie tief die Wurzelkanäle sind und wie sie verlaufen. Im Anschluss daran wird beschädigte Zahnsubstanz ähnlich wie bei einer Behandlung von Karies soweit abgetragen, dass die Wurzelkanäle des betroffenen Zahnes frei liegen. Jetzt entfernt der Zahnarzt das entzündete Material sorgfältig in allen Wurzelkanälen des Zahns und reinigt die feinen Kanäle.
Dazu verwendet der Zahnarzt kleine Handfeilen oder seltener auch maschinell angetriebene, rotierende Instrumente. Damit werden die Kanäle in eine konische Form präpariert, die später dafür sorgt, dass die Füllungen in den Wurzelkanälen stabil verankert werden können. Darüber hinaus werden die freigelegten Wurzelkanäle mit verschiedenen Lösungen gespült.
Das Ziel der Spülungen ist es, Verunreinigungen zu entfernen und Keime abzutöten. Falls es notwendig ist, können auch entzündungshemmende Medikamente in die Wurzelkanäle eingelegt werden. Sind auf diese Art alle Wurzelkanäle gereinigt, werden sie gegebenenfalls mit einem Stift fixiert und luftdicht mit Spezialmaterialien verfüllt. Zum Schluss der Behandlung wird auch der Zahn wieder mit einer Füllung verschlossen. In manchen Fällen kann der Zahnarzt durch die Wurzelbehandlung nicht das gesamte erkrankte Gewebe entfernen – beispielsweise, weil die Entzündung zu weit fortgeschritten ist oder weil der Zugang zu den Wurzelkanälen nicht möglich ist. In diesen Fällen kann auch eine Wurzelresektion zum Ziel führen.
Die Dauer der Wurzelbehandlung hängt von der Zahl der Wurzelkanäle, deren Beschaffenheit und dem Entzündungsstatus ab. In der Regel kann die Behandlung in etwa zwei Stunden im Verlauf einer Sitzung abgeschlossen werden. Es kann aber auch sinnvoll sein, mehrere Behandlungstermine zu vereinbaren. Das gilt vor allem dann, wenn Medikamente in die Wurzel eingelegt werden, die vor einem Verschluss der Kanäle zuerst ihre Wirkung entfalten müssen. Hohe Erfolgsquote Wichtig für den dauerhaften Erfolg der Wurzelbehandlung ist die Wurzelfüllung. Sie soll luftdicht abschließen und verhindern, dass künftig Krankheitserreger in die Wurzel gelangen können. Die Füllung der Wurzel besteht aus zwei Komponenten: Guttapercha und einem Zement, der auch als Sealer bezeichnet wird. Als Faustregel gilt, dass ein möglichst großer Teil der Füllung aus Guttapercha und ein möglichst kleiner Teil aus dem Sealer bestehen soll, da Guttapercha nicht nur stabiler ist als der Zement, sondern auch eine bessere Biokompatibilität aufweist. Die Erfolgsquoten von Wurzelbehandlungen sind heute dank moderner Behandlungs- und Diagnoseverfahren sehr hoch bei Werten um 90 Prozent – je nach Ausbreitung der Entzündung und gesundheitlicher Verfassung des Patienten. Bei etwa der Hälfte der Patienten ist mehr als eine Behandlungssitzung notwendig, um die Wurzelkanäle vollständig entzündungsfrei zu bekommen.
Es kann darüber hinaus nicht ausgeschlossen werden, dass eine Entzündung in den feinen Wurzelkanälen im Einzelfall auch nach vielen beschwerdefreien Jahren wieder in Erscheinung tritt. In diesen Fällen ist eine Revision der Wurzelbehandlung notwendig.
Bei der Revision wird die Füllung in den Wurzelkanälen entfernt, anschließend erfolgt eine erneute Spülung und Reinigung der Kanäle. Falls es mit der Revision nicht möglich ist, die Wurzelkanäle frei von allen Keimen zu bekommen, dann kann eine Wurzelspitzenresektion zum Erfolg führen.
Eine solche Revision der Wurzelbehandlung ist jedoch die Ausnahme. In den mit Abstand meisten Fällen bleibt es bei der einmaligen Behandlung, da es das Ziel der Behandlung ist, den Zahn dauerhaft zu retten. Sofern ein wurzelbehandelter Zahn ordentlich versorgt wurde, wird er genauso lange halten wie ein gesunder Zahn. Für den erfolgreichen Verlauf der Wurzelkanalbehandlung kann und sollte der Patient selbst aktiv werden: Entscheidend ist eine sorgfältige Mundhygiene, um der Ausbreitung von Krankheitserregern im Mundraum entgegenzuwirken. Dazu gehört insbesondere auch die Anwendung von Zahnseide, um die Zahnzwischenräume von Belägen zu befreien. Die Krankenkasse zahlt - meistens Für eine Wurzelbehandlung entstehen vergleichsweise hohe Kosten, da die Behandlung im Zweifel sehr aufwändig ist. Seit 2004 versuchen die gesetzlichen Krankenkassen daher, die Zahl der abrechnungsfähigen Wurzelbehandlungen auf ein absolut notwendiges Maß einzugrenzen.
Demnach muss eine oder mehrere von drei Bedingungen gegeben sein, die eine Abrechnung über die gesetzliche Krankenkasse möglich machen: So soll eine geschlossene Zahnreihe durch die Behandlung erhalten werden können, eine einseitige Freiendsituation soll vermieden werden oder funktionstüchtiger Zahnersatz müsste nur durch die Behandlung erhalten bleiben. In diesen Fällen zahlt die Krankenkasse die Behandlung. Die Details sollten vorab mit dem Zahnarzt geklärt werden, um keine unerfreuliche Überraschung zu erleben.
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