Die Rolle von E-Zigaretten bei der Rauchentwöhnung ist umstritten. Eine hochrangig publizierte Studie hat sich jetzt dieser Fragestellung gewidmet. Die Ergebnisse sollten einige zum Umdenken anregen.
Anders als beispielsweise in Großbritannien werden E-Zigaretten von den deutschen Gesundheitsbehörden und vielen Medizinern tendenziell kritisch gesehen: Die gesundheitlichen Risiken werden eher überschätzt und das Potential bei der Rauchentwöhnung eher unterschätzt. Statt dessen wird das sogenannte Dampfen nikotinhaltiger (oder nikotinfreier) Liquids gerne als Einstiegsdroge gesehen. Dabei gilt die Nikotinersatztherapie mit Pflastern, Kaugummis oder Sprays als etablierte Methode auf dem Weg zum Nichtraucher.
Eine aktuell im New England Journal of Medicine publizierte, randomisierte Studie hat jetzt an 886 Teilnehmern untersucht, ob eine Nikotinersatztherapie der Wahl oder der Umstieg auf E-Zigaretten besser ist, um mit dem Rauchen aufzuhören. In beiden Gruppen wurden die Probanden mit einer begleitenden, mindestens vierwöchentlichen Verhaltenstherapie unterstützt. Primärer Endpunkt war eine mindestens einjährige Tabakabstinenz, welche bei Abschluss laborchemisch überprüft wurde. Als sekundärer Endpunkt wurden der weitere Gebrauch der Ersatztherapie sowie respiratorische Symptome abgefragt.
Die Ein-Jahres-Abstinenzrate betrug in der E-Zigaretten-Gruppe 18,0% und in der Nikotinsubstitutions-Gruppe 9,9% (relatives Risiko 1,8 bei einem 90% Konfidenzintervall von 1,30-2,5, p < 0,001). Unter den Probanden, die es geschafft hatten mindestens ein Jahr abstinent zu bleiben, benutzen die Verwender der E-Zigaretten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit weiterhin ihre zugewiesene Ersatzbehandlung als in der anderen Gruppe (80% vs. 9%). Während lokale irritative Beschwerden im Mund- und Rachenraum von den Dampfern häufiger berichtet wurden als von den Verwendern der Nikotinersatztherapie, war die Abahme von Husten und Auswurf bei den Benutzern der E-Zigaretten erstaunlicherweise größer (relatives Risiko für Husten 0,8, 95% KI 0,6-0,9; für Auswurf 0,7, 95% KI 0,6-0,9). Bei den Symptomen Giemen und Kurzatmigkeit gab es keine signifikanten Unterschiede. Übelkeit trat unter einer Nikotinersatz-Therapie häufiger auf (37,9% vs. 31,3% unter E-Zigaretten).
Die Autoren schlussfolgern, dass die Wahrscheinlich, mit dem Rauchen aufzuhören, durch die Verwendung von E-Zigaretten höher ist als durch eine Nikotinersatztherapie.
Kritisch könnte man hierbei anmerken, dass anscheinend die Mehrheit der Studienteilnehmer in der Gruppe der E-Zigaretten zwar erfolgreicher mit dem Rauchen aufgehört haben, aber „nur” auf das Dampfen umgestiegen sind. Leider gibt es keine Informationen darüber, ob die Betroffenen nikonfrei dampfen oder nicht.
Statistisch gesehen haben zwischen 55 und 61% aller Raucher schon einmal versucht, ihr Laster aufzugeben. Die angegebenen Gründe für den Misserfolg sind unter anderem die Stärke der Sucht oder Gewohnheit, Stress, Gruppenzwang oder Langeweile. Nur etwa 17% konnten mehrere Monate und nur rund 12% konnten über mehrere Jahre durchhalten.
Quelle:
Hajek P, Phillips-Waller A, Przulj D et al. A Randomized Trial of E-Cigarettes versus Nicotine-Replacement Therapy. New Engl J Med (2019). DOI: 10.1056/NEJMoa1808779