Es ist leicht, sich zu beschweren. Immer wieder begegnen uns dieselben alltäglichen Probleme. Aber meckern kann jeder. Wie wär’s stattdessen also mit konkreten Vorschlägen? Was ich mir von Patienten wünsche: Meine persönliche Top Ten.
1. Bereite dich vor und bringe deine Unterlagen mit
Wenn du in die Anästhesiesprechstunde kommst, dann komm, wenn möglich, vorbereitet. Bekommst du ein Formular mit Angaben zu deiner Gesundheit, das du ausfüllen sollst, so tue das, so gut du kannst. Dann geht der Frageteil schneller und effizienter, weil ich dir nicht alles aus der Nase ziehen muss, sondern gezielt Fragen stellen kann.
Bringe deine Arztberichte, Diagnosen- und Medikamentenlisten, Röntgenbilder und Laboruntersuchungen mit. Niemand verlangt von dir, dass du alle deine 18 Medikamente auswendig kannst, sofern du deine Liste dabei hast. Ich muss aber wissen, was du nimmst und was du hast. Und wenn ich erst deinen Hausarzt anrufen und mir die Unterlagen zuschicken lassen muss, bedeutet das für dich unnötige Wartezeit und für mich einen ebenso unnötigen Zeitverlust. Wenn du alles dabei hast, ist es für uns beide einfacher.
2. Schreib dir Fragen auf
Falls du schon Zeit hattest, dich damit auseinanderzusetzen, schreib dir deine Fragen zur Narkose auf! Wenn dir etwas Angst oder Sorgen bereitet, sprich darüber, nur so kann ich darauf eingehen. Die Sprechstunde ist nicht nur dazu da, dass ich dir tonnenweise Infos auftischen kann und du am Ende die Einverständniserklärung unterschreibst. Wenn du das Sprechzimmer verlässt, solltest du eine Vorstellung davon haben, was mit dir geschehen wird, du solltest zumindest ein bisschen beruhigt sein und Vertrauen gefasst haben.
PS: Manche Fragen, zum Beispiel zur Operation selbst („Was wird da genau gemacht?“), oder zur Nachbehandlung („Wie lang muss ich diese Schiene anziehen? Wie lange bin ich nachher nicht arbeitsfähig?“) können wir nicht beantworten, weil wir es schlicht nicht wissen. Nicht unser Fachgebiet. Fragt dazu euren Chirurgen.
3. Sei ehrlich
Wenn du mich anlügst, schadest du vor allem dir selbst. Wenn du (illegale oder legale) Drogen nimmst, muss ich das wissen, weil das teilweise gravierende Auswirkungen auf deine Narkose haben kann, die Komplikationen hervorrufen können. Das ist schlecht für dich, weil du deine Gesundheit auf dem Spiel steht und schlecht für mich, weil du mich damit in eine unnötige Stresssituation bringst. Ich bin nicht hier, um dich zu verurteilen oder zu belehren, ich benötige einfach nur die Info, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.
4. Sei pünktlich
Wir haben einen ziemlich straffen Zeitplan, der nur funktioniert, wenn alle und alles bereit sind. Wartezeiten im OP sind nicht drin, deshalb werden wir deine OP verschieben oder absagen, solltest du zu spät kommen. Schau daher, dass du früh genug im Spital ankommst, berechne Stau zu Pendelzeiten mit ein und ruf im Spital an, wenn du merkst, dass es nicht pünktlich klappen wird.
5. Sei geduldig und reservier dir den ganzen Tag
Die genaue Operationszeit ist unmöglich vorherzusagen. Viele Faktoren beeinflussen, wie lange es von der Ankunft im OP bis in den Aufwachraum dauert. Entsprechend kann sich deine Operation verzögern, wenn mal etwas Unerwartetes geschieht. Mach dir daher an diesem Tag keine anderen Termine (wenn es ein ambulanter Eingriff ist) und sei geduldig, wenn du warten musst. Wir wissen, dass das ärgerlich ist, aber es gibt im OP einfach viel Unvorhergesehenes. Wir lassen dich nicht mit Absicht zappeln und wir sitzen auch nicht rum und trinken Kaffee. Ehrlich.
6. Halte dich an dir Nüchternheitsregeln
Vor der Operation darfst du sechs Stunden nichts essen. Bis zwei Stunden vorher darfst du noch Wasser oder Tee trinken. Bitte halte dich an diese Regeln. Wir stellen sie nicht auf, um dich zu piesacken: Wenn du für die Narkose einschläfst, kann Mageninhalt hochsteigen und in deine Lungen fließen. Darauf folgt Sauerstoffmangel und eine Lungenentzündungen und endet entweder auf der Intensivstation oder mit deinem Tod. Wir haben jede Woche mindestens einen Patienten, der doch noch mal einen Milchkaffee oder einen Orangensaft getrunken hat, der dann sauer ist, weil wir die Operation verschieben. Es ist nur zu deinem Schutz.
7. Nimm deine Medikamente nach Vorgabe
Viele Medikamente soll oder muss man vor der Operation unbedingt einnehmen, zum Beispiel Betablocker oder Inhalativa zur Behandlung von Asthma oder COPD. Andere muss man eine gewisse Zeit vorher absetzen, zum Beispiel einige Diabetesmedikamente oder Blutverdünner. Dein Anästhesist sagt dir in der Sprechstunde, wie du mit deinen Medikamenten verfahren musst. Halte dich an diese Anweisungen. Du riskierst sonst Komplikationen oder ebenfalls eine Verschiebung/Absage deiner Operation.
8. Erwarte keine sofortige Schmerzfreiheit, aber verlange Schmerzmittel, wenn du sie brauchst
Je nach Eingriff wirst du nachher mehr oder weniger Schmerzen haben. Das können wir nicht komplett verhindern, daher stell dich schon mal darauf ein, dass du dich nach der Operation sofort gut fühlst. Wir benutzen eine Skala von eins bis zehn, wobei eins einem ganz leichten Schmerz entspricht und zehn dem schlimmsten Schmerz, den du dir vorstellen kannst. Allgemein sagen wir, akzeptable Schmerzen sind etwa von eins bis drei, aber natürlich ist das Schmerzempfinden je nach Patient anders. Wenn der Schmerz stärker ist, solltest du Schmerzmittel verlangen. Beiß nicht die Zähne zusammen, denn die Schmerzen werden meist nicht von allein besser, sondern eher schlimmer und dann ist es schwieriger, sie zu stillen.
9. Bleib wachsam
Um dich herum wird viel geschehen. Schau und denke mit! Lass dir Dinge erklären, die du nicht verstehst. Lass dir sagen, welche Medikamente du bekommst. Wenn du Allergien hast, äußere das wieder und wieder, es kann mal etwas übersehen werden. Ist das Kreuz für die Operation am richtigen Bein? Ist diese blaue Tablette wirklich für dich, die hattest du doch vorher noch nie? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
10. Lass dich nicht zu etwas drängen.
Du warst beim Chirurgen und der hat gesagt, man müsse operieren. Er hat dir alles erklärt und dich sogleich zur Anästhesistin wegen der Narkoseaufklärung geschickt. Da sitzt du nun, hast Angst und bist verunsichert. Willst du die Operation überhaupt? Ist das wirklich nötig? Macht das Sinn?
Lass dich nicht drängen (sofern es kein dringlicher Eingriff ist). Es ist okay, sich erstmal Zeit zu nehmen und darüber nachzudenken. Wenn du generell unsicher bist, ob du den Eingriff willst, hol dir eine Zweitmeinung. Wenn du vielleicht schon etwas älter bist und/oder viele Erkrankungen hast und du nicht genau weißt, ob der Eingriff nicht vielleicht doch ein zu großes Risiko darstellt, dann lass dir einen Moment Zeit, alles zu verarbeiten. Besprich dich mit deiner Familie oder deinen Freunden und auch hier: Hol eine Zweitmeinung ein. In den meisten Fällen hast du Zeit dafür – nimm sie dir. Es muss nicht alles immer sofort operiert werden, wenn du dich dabei nicht wohl fühlst.
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