Beim Regensburg-Marathon 2017 letzten Sonntag ist ein 28-jähriger Teilnehmer gestorben. Welche möglichen Ursachen kommen hierfür in Frage?
Die Mittelbayerische Zeitung berichtete, dass der 28-jährige schon während des Laufes auf der Halbmarathon-Distanz Probleme gehabt habe. Nach dem Zieleinlauf sei er zusammengebrochen, vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht worden und dort verstorben. Der Veranstalter bedauere dies zutiefst, habe aber alles getan, um den Lauf trotz der großen Hitze verantwortungsvoll stattfinden zu lassen.
Wie heiß war es zu diesem Zeitpunkt?
Der Halbmarathon startete um 08:30 Uhr. Laut des Rückblicks auf wetter.com war es nach einer typischen Halbmarathonzeit von zwei Stunden, also um 10:30 Uhr etwa 22 Grad warm. Die Höchsttemperatur stieg in Regensburg an diesem Tag bis zum Nachmittag noch bis auf 28 Grad, das war aber lange nach dem Laufereigneis.
Auch der Marathon startete um 08:30 Uhr. Fünf Stunden nach dem Start, um 13:30 Uhr, waren dann 26 Grad erreicht.
Was hat der Veranstalter unternommen, um die Läufer zu schützen?
Der Veranstalter habe allen Läufern die Möglichkeit eingeräumt, sich kurzfristig für eine kürzere Strecke zu melden. Das ist nicht selbstverständlich, normalerweise geht das aus organisatorischen Gründen nicht. In Regensburg hätten am Sonntag tatsächlich aber „etliche Läufer umdisponiert“.
Man habe den Abstand zwischen den Wasserversorgungsstationen von fünf auf vier Kilometer reduziert und kurz vor dem Ziel eine weitere Versorgungsstation eingerichtet.
Welche besondere Gefahr besteht bei heißem Wetter für Marathonläufer?
Es entspricht der allgemeinen Intuition, dass Marathonläufer bei hohen Temperaturen dadurch gefährdet sein könnten, dass sie zu wenig trinken und dann irgendwie überhitzen oder durch das starke Schwitzen einen Flüssigkeitsmangel erleiden.
Tatsächlich führt das aber eher nicht zu den vereinzelt auftretenden Todesfällen bei Marathonläufen. Das natürliche Durstgefühl, die feste Vorstellung der meisten Läufer, man müsse viel trinken und die gute Verfügbarkeit von Wasser bei Marathonläufen verhindern üblicherweise, dass jemand zu wenig trinkt. Denn zu wenig trinken wäre sicher auch gefährlich. Aber wie gesagt, dass passiert praktisch eher nicht.
Die eigentliche Gefahr: Hyperhydratation
Die Gefahr besteht vielmehr darin, dass Läufer zu viel Leitungswasser trinken, das keine Elektrolyte, insbesondere kaum Salz enthält. Der Effekt auf den Körper ist dann, dass viel Wasser mit wenig Salz aufgenommen wird. Ausgeschwitzt wird aber Schweiß mit viel Salz.
Wenn dann noch die Niere aus welchen Gründen auch immer nicht mehr hinterherkommt mit der Aussscheidung des Wassers, entsteht ein relativer Salzmangel und physiologisch gesehen ein Überschuss an Wasser, eine hypotone Hyperhydratation, also zu wenig Salze, zu viel Wasser. Die hypotone Hyperhydratation, auch „Wasservergiftung“ genannt, zeigt sich im Labor an zu niedrigen Blutsalzen, insbesondere zu niedrigem Natrium. Diese Konstellation kann zu Herzrhythmusstörungen und zum plötzlichen Tod führen.
Hyperhydration auch bei Schizophrenie
Psychiater kennen die hypotone Hyperhydratation auch von schizophrenen Patienten, die manchmal phasenweise viel zu viel Wasser trinken. Auch manische Patienten zeigen manchmal eine Polydipsie.
Es gibt eine Reihe von Arbeiten zur hypotonen Hyperhydratation bei Marathonläufern, zum Beispiel hier, hier, hier oder hier.
Fazit: Vor dem Lauf sollte man abwägen
Wenn man also bei heißem Wetter einen Marathon stattfinden lässt, ist es besonders wichtig, nicht nur Leitungswasser anzubieten, wie es auf den ersten Kilometern eines Marathons üblich ist, sondern isotonische Getränke anzubieten, wie es sonst insbesondere auf den letzten Kilometern üblich ist. Für die Läufer ist wichtig, isotonische Getränke zu trinken, aber auch nicht ungebremst viel, sondern nach Durstgefühl. Wenn es wirklich sehr heiß ist, sollte man überlegen, ob man trotz aller Vorbereitung, Vorfreude und Entschlossenheit nicht einfach zu Hause bleibt oder nur eine wirklich kurze Strecke läuft.
Woran der Läufer in Regensburg tatsächlich gestorben ist, kann ich natürlich nicht wissen. Er soll noch obduziert werden. Die Elektrolytkonzentration wird bei dieser Obduktion sicher gemessen werden. Erst nach der Obduktion wird man es wissen.
Woran auch immer es lag, es ist wirklich schrecklich, wenn ein sonst wahrscheinlich gesunder junger Mensch bei einem Laufereignis stirbt.