In jeder psychiatrischen und jeder speziell suchttherapeutischen Klinik gibt es bestimmte Regeln, wie im Rahmen von Entzugsbehandlungen mit Suchtmittelrückfällen umzugehen ist. Natürlich betrachtet man in jedem Fall die individuelle Situation und entscheidet sich nicht nach einem strikten Muster, aber eine sinnvolle Richtung gibt es dennoch. Einige typische Gedanken sind etwa:
Häufiges Unverständnis bei Betroffenen
Wenn ich einem Patienten oder seinen Angehörigen erkläre, dass ich ihn wegen eines ersten Rückfalls mit einem illegalen Suchtmittel oder eines zweiten Rückfalls mit Alkohol nun zunächst entlasse und eine Wiederaufnahme erst in x Tagen anbiete, dann argumentieren die Betroffenen sehr häufig, dass die Entlassung gerade jetzt im Moment des Rückfalls dem Patienten schade.
Gerade jetzt brauche er die Unterstützung der Klinik. Häufig wird angeführt, dass der Anlass des Rückfalls – oft ein belastendes Lebensereignis oder anderer Stress – den Schutz der Klinik und therapeutische Unterstützung besonders jetzt erforderlich mache und eine Entlassung ein Abgleiten in eine neue Phase der Sucht geradezu auslösen würde.
Und diese Argumente treffen wahrscheinlich in der überwiegenden Zahl der Fälle auch wirklich zu. Tatsächlich ist es für den einzelnen Patienten möglicherweise schlechter, nach Hause entlassen zu werden, und hier eventuell sehr viel mehr zu konsumieren, als in der Klinik zu bleiben, und einem höheren sozialen Druck ausgesetzt zu sein, nicht zu trinken.
Klinik als suchtmittelfreier Raum
Aber genau das ist der Grund, warum diese Entlassungen erforderlich sind: Natürlich dürfen in einer Klinik im Rahmen eines Entzuges Ersatzstoffe wie Methadon oder im Alkoholentzug Distraneurin oder Benzodiazepine gegeben werden. Aber diese werden ja kontrolliert und dosiert gegeben. In einer Klinik müssen sich alle Patienten darauf verlassen können, dass der Konsum illegaler Drogen gar nicht geduldet wird und Alkoholrückfälle wirklich nicht stattfinden sollten und spätestens beim zweiten Konsum auch zur Konsequenz der Entlassung führen.
Denn nur wenn die Klinik ein vor Suchtmittelgebrauch weitgehend geschützter Ort ist, kann dort eine sinnvolle Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung durchgeführt werden.
Warum entlassen wir also nach einem Suchtmittelrückfall? Nicht, weil dies in dieser Situation das beste für den Patienten ist, sondern weil wir die Klinik als weitgehend suchtmittelfreien Ort schützen.
Bildquelle (Außenseite): Creativity103, flickr