Seit Dieter Köhlers „Schadstoff-Lüge“ gewinnt jede neue Publikation an Aufmerksamkeit. US-Forscher zeigen jetzt, dass steigende Ozon- und Feinstaubwerte mit mehr Akutbehandlungen in der Notaufnahme assoziiert sind.
Wissenschaftler untersuchen seit Jahren, welchen Effekt Luftschadstoffe auf unsere Gesundheit haben. Dazu gehören vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, langfristig aber auch Lungenkrebs. Kurzfristig führen Verunreinigungen vor allem zu einem größeren Risiko kardiovaskulärer Ereignisse oder zu Exazerbationen bei Lungenerkrankungen. Wissenslücken gab es laut Heather M. Strosnider vor allem bei der Frage, ob Menschen unter 65 Jahren bei schlechterer Luft öfter medizinische Notfälle erleiden. Sie forscht am National Center for Environmental Health, einer Institution der bekannten Centers für Disease Control and Prevention (CDC).
Strosnider und Kollegen analysierten deshalb Daten aus 874 US-Landkreisen. Sie erfassten die Zahl an Behandlungen in Notfalleinrichtungen und versuchten, Assoziationen mit Schadstoffen eine Woche vor dem jeweiligen Ereignis herzustellen. Neben dem Alter wurde auch die Diagnose erfasst.
Bei Ozon stieg die Rate an respiratorischen Notfällen pro 20 ppb (parts per billion, Teile pro Milliarde) um 1,7 Prozent (Kinder unter 18 Jahren), um 5,1 Prozent (Erwachsene unter 65) bzw. um 3,3 Prozent (Erwachsene über 65). Zu den Erkrankungen gehörten vor allem Asthma bronchiale, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) sowie Entzündungen der Atemwege.
Auch bei Feinstaub (PM2,5) fand das Team Assoziationen mit medizinischen Notfällen. Erhöhte sich die Belastung um jeweils 10 μg/m3, führte das zu 2,4 Prozent (Kinder) bzw. zu 0,8 Prozent (Erwachsene unter 65) mehr Atemwegs-Notfällen. Die Autoren nennen hier vor allem Asthma, akute Atemwegsinfektionen und Lungenentzündungen. Kohorten zeigen bekanntlich nur Assoziationen. Als Beleg führt Strosnider Dosis-Wirkungs-Beziehungen an. Sie warnt vor allem Personen mit bekannten Vorerkrankungen vor vermeidbaren Expositionen.
Neuer Stoff für Diskussionen
Die Diskussion um die derzeit gültigen Schadstoff-Grenzwerte wurde kürzlich erneut angefacht. Dieter Köhler, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hatte in einer Stellungnahme die Ergebnisse der zugrunde liegenden Studien angezweifelt, DocCheck berichtete. Die jetzige Studie bietet neuen Stoff für die Debatte. Beendet ist sie also noch längst nicht.
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