Neurowissenschaftler haben einen Zusammenhang zwischen Emulgatoren sowie Verdickern in Lebensmitteln und Veränderungen im Verhalten von Mäusen beobachtet. Demnach könnten die viel genutzten Zusätze über den Darm auch Auswirkungen auf das Gehirn und die Psyche haben.
Emulgatoren und andere Zusätze stehen schon länger in Verdacht, negative Auswirkungen auf den menschlichen Organismus zu haben. Sie werden dazu eingesetzt, die Konsistenz von Lebensmitteln zu verändern. Man findet sie beispielsweise in Fertigsoßen oder Speiseeis, darüber hinaus aber auch in verschiedenen Arzneimitteln oder Kosmetika.
Eine Studie der Wissenschaftler um Geert J. de Vries vom Neuroscience Institute der Georgia State University, Atlanta legt nun nahe, dass solche Zusätze Einfluss auf Verhaltensweisen haben oder sogar Angststörungen begünstigen könnten. Dabei fanden sie anhand eines Mausmodells außerdem heraus, dass sich Effekte bei männlichen und weiblichen Versuchstieren unterschieden.
Frühere Studien der Forscher zeigten bereits, dass Emulgatoren niederschwellige Entzündungen im Darm von Mäusen verursachten. Außerdem brachten sie die herkömmlichen Lebensmittelzusatzstoffe mit einem erhöhten Risiko für Adipositas oder dem Metabolischen Syndrom in Verbindung. Ihre Ergebnisse und die Frage nach der Beziehung und Kommunikation zwischen dem Darm-Mikrobiom und dem Gehirn, veranlasste sie zu dem Aufbau der Verhaltensstudie.
Dabei testeten sie 3 weibliche und 3 männliche Mäuse in einen transparenten Käfig. Dem Trinkwasser einer Gruppe wurde Carboxymethylcellulose (CMC, E 466) zugesetzt, die zweite erhielt hingegen Polysorbat 80 (P80, E 433). Die Kontrollgruppe bekam Wasser ohne Zusätze. CMC und P80 sind beides gängige Zusatzstoffe, die in Fertigprodukten zu finden sind. CMC wird in der Lebensmittelindustrie als Verdicker eingesetzt, P80 dient hingegen als Emulgator. Alle Wasserquellen waren ad libitum verfügbar und sechs Wochen lang wurden wöchentlich verschiedene Verhaltenstests, wie z.B der Open-Field- und der Drei-Kammern-Test gemacht. Diese beiden gaben auch die Hinweise auf den möglichen Einfluss der Zusatzstoffe auf das Verhalten der Mäuse.
Es zeigte sich, dass die männlichen Mäuse, die Emulgator oder Verdicker erhielten, im Open-Field-Test weniger Zeit im Zentrum des Käfigs verbrachten, als die Kontrollmaus. Dabei unterschieden sich aber die zurückgelegten Strecken durchschnittlich nicht. Diese Vermeidung von ganzen Käfig-Abschnitten und Bereichen, in denen sich die anderen Mäuse aufhielten, deutete auf ein eher ängstliches Verhalten der Versuchstiere hin. Die weiblichen verbrachten im Gegensatz zu den männlichen alle insgesamt weniger Zeit im Zentrum, zeigten bei dem folgenden Test aber eine Veränderung in ihrem Sozialverhalten.
In einem weiteren Verhaltenstest – dem Drei-Kammern-Test – wurden den Versuchstieren jeweils eine neue, unbekannte und eine bereits bekannte Maus in gegenüberliegenden Kammern zur Auswahl gestellt. Sie beobachteten dabei, welche Seite die Versuchsmaus inspizierte bzw. auswählte. Während die weibliche Kontrollmaus die neue und unbekannte Maus präferierte, zeigte die weibliche CMC-Maus eine signifikant kleinere Präferenz gegenüber der neuen Maus. Auch die Präferenz der weiblichen P80-Maus war reduziert. Der gleiche Versuchsaufbau mit einem neuem Objekt, anstelle der bereits bekannten Maus, zeigte hingegen keine Unterschiede in der Auswahl. Dieser Unterschied der sozialen Verhaltensweise war bei den männlichen Mäusen nicht festzustellen.
Laut de Vries wirken sich die durch Zusatzstoffe ausgelösten Entzündungen auf lokale Immunzellen aus, die somit auch negative Effekte auf weitere Bereiche bis hin zum Gehirn haben können. Wenn man die Ergebnisse der vorangegangenen Studien und die neuen Beobachtungen miteinander kombiniert, könnte diese Ausbreitung bis hin zum Gehirn also auch die Veränderung im Verhalten der Mäuse erklären. Was dabei genau passiert, könne man aber nicht sagen. Den Grund für die geschlechtsspezifischen Veränderungen sieht Geert J. de Vries unter anderem in den unterschiedlichen Immunsystemen und der damit verbundenen Zusammensetzung der Darmbakterien bei Frauen und Männern.
Gerade die aktuell rege Forschung rund um das Darm-Mikrobiom, bietet immer mehr Fläche für neue Theorien und Versuchsansätze. Dabei ist auch der direkte Zusammenhang zwischen dem Verdauungssystem und dem Gehirn von großem Interesse für die Wissenschaftler. Sollten die hier gewonnenen Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sein, könnten die Beobachtungen ein Indiz für verbreitete Volkskrankheiten und Entwicklungen der Psyche sein. Allerdings bleibt zu beachten, dass es sich nur um ein Mausmodell mit sehr kleiner Anzahl von Versuchsobjekten handelt. Demnach ist die Aussagekraft nur gering und bis klare Schlussfolgerungen gemacht sowie die zugrunde liegenden Mechanismen benannt werden können, sind weitere Studien nötig.
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