Wer sich als Forschender auf ein Stipendium bewirbt, muss sich oft einem langwierigen Peer-Review-Verfahren stellen. Kritiker sagen: Die Methode ist nicht besser als eine zufällige Auswahl. Sollten Stipendien per Losverfahren vergeben werden?
Für Forschende aus dem Life-Science-Bereich gehört die Akquise von Geldern zum täglichen Brot. Viele bewerben sich auf Stipendien, um nach der Promotion ihren Postdoc-Aufenthalt zu finanzieren. Doch die Mittel sind rar. Wie gelingt es Forschungseinrichtungen die besten Bewerber zu erkennen? Dafür werden häufig mehrstufige Peer-Review-Verfahren angewendet. Im ersten Schritt werden Bewerber anhand harter Kriterien wie Publikationslisten oder Abschlussnoten ausgesondert. Wer in Runde zwei kommt, muss sich oft einer Bewertung durch Gutachter unterziehen. Dieses Auswahlverfahren wird jetzt harsch kritisiert.
Bernd Klaus und David del Álamo vom European Molecular Biology Laboratory bzw. vom EMBO Fellowships Programme verglichen Vergabeentscheidungen eines Experten-Peers (2007) mit den späteren Karrieren (2017). Für ihre Studie nahmen Klaus und del Álamo die wissenschaftlichen Karrieren von 324 Forschern unter ihre Lupe. Die Kandidaten hatten sich für ein Postdoktorandenprogramm, das EMBO Postdoc-Fellowship, beworben. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Peer-Review-System bei der Identifizierung der besten Kandidaten nicht wesentlich besser ist als die Zufallsauswahl, sobald eine erste Vorauswahl der vielversprechendsten Kandidaten getroffen wurde“, fassen sie ihre Resultate zusammen. Informationen zum Zeitpunkt der Bewerbung seien „nicht ausreichend prädiktiv für den beruflichen Werdegang“. Klaus und del Álamo haben jedoch eine Idee: „Wir schlagen ein neues gemischtes Modell der Bewertung vor, bei dem Peer Reviews zur Auswahl hochwertiger Bewerbungen verwendet werden und anschließend mit Hilfe einer zufälligen Mittelvergabe Stipendien unter diesen am besten platzierten Kandidaten vergeben werden.“ Wie denken andere Experten darüber?
„Bei der Auswahl der Besten unter den Besten durch Peers besteht die Gefahr, dass sich Biases (zum Beispiel Geschlecht oder Nationalität) in die Entscheidungen einschleichen.“ Fehlen harte Kriterien, ziehen sie andere Punkte zur Entscheidung heran. „Deshalb hat man vor Jahren das Losverfahren für die Auswahl der Besten unter den Besten vorgeschlagen, womit der Einfluss von Biases vermieden werden soll.“
Als Problem erwähnt Bornmann jedoch die „fehlende wissenschaftliche Legitimation“ von Losverfahren, da sich Forschungsförderung an Exzellenzkriterien orientiere. Er schlägt vor, dass Peers alle exzellenten Kandidaten einer erweiterten bibliometrischen Analyse unterziehen. Publikationslisten sind zwar schon in der ersten Runde Standard. Mit intelligenten Technologien lässt sich aber deutlich mehr aus den Daten ableiten – und sogar eine Rangliste unter Besten erstellen.
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