In der Darmkrebsprävention spielt das angeborene Immunsystem eine wichtige Rolle. So konnten Forscher zeigen, dass die Zellen des Immunsystems wie eine Art Sensor erbgutschädigende Umweltfaktoren erkennen können. Wurde dieser Sensor im Mausmodell deaktiviert, nahmen die Darmkrebsfälle zu.
Im Darm treffen zwei Welten aufeinander: Die körpereigenen Zellen der Darmwand einerseits und körperfremdes Material, wie Bakterien oder Nahrungsmittel und deren Abbauprodukte, andererseits. Beide Welten stehen in direktem Kontakt und tauschen fortwährend Informationen aus. Das ist für den Körper wichtig. Viele der Umweltfaktoren, wie bestimmte Bakterienstämme oder essenzielle Nährstoffe, sind für ihn nützlich oder sogar überlebenswichtig. Der Kontakt mit der Umwelt kann für den Organismus aber auch negative Folgen haben. Einige körperfremde Stoffe bewirken Veränderungen im Erbgut der Zellen, die die Darmwand auskleiden. Häufen sich solche DNA-Schäden, insbesondere in den Stammzellen der Darmwand, können diese sich zu einem Darmtumor entwickeln.
Immunsystem verstärkt Reparaturmechanismus
Damit es gar nicht erst zur Tumorbildung kommt, kann eine geschädigte Zelle ihre DNA reparieren oder es kommt – bei zu umfangreicher Schädigung – zur Apoptose. Bisher ging man davon aus, dass die Stammzelle diesen Reparaturmechanismus selbständig in Gang setzt. Die Studie unter Leitung von Prof. Andreas Diefenbach, Direktor des Instituts für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Charité, kommt zu einem anderen Schluss: Das Immunsystem kann den DNA-Reparaturmechanismus in der geschädigten Stammzelle zusätzlich verstärken und so die Entwicklung von Darmkrebs verhindern.
Das Team um Prof. Diefenbach konnte im Mausmodell zeigen, dass Zellen des angeborenen Immunsystems in der Lage sind, erbgutschädigende Umweltfaktoren, wie bestimmte Glukosinolate, im Darm zu erkennen. Nehmen die Immunzellen schädigende Glukosinolate wahr, senden sie den Botenstoff Interleukin 22 aus. Dieser bewirkt wiederum, dass die Stammzellen in der Darmwand etwaige Schäden ihrer DNA frühzeitiger entdecken und schneller reparieren können. „Das Immunsystem agiert also wie ein Sensor für erbgutschädigende Bestandteile der Nahrung“, erklärt Prof. Diefenbach. „Schalten wir diesen Sensor aus, beobachten wir eine deutlich erhöhte Zahl an Darmkrebsfällen.“
Möglichkeiten für Darmdiagnostik?
Für den Immunologen zeigen diese Erkenntnisse nicht nur einen bisher unbekannten Regelkreis auf, mit dem der Körper sich vor Darmkrebs schützt. Sie weisen zudem darauf hin, dass die Aufgabe des Immunsystems weit mehr umfasst als die Abwehr von Krankheitserregern. „Das Immunsystem überwacht vielmehr das gesunde Wachstum und die Funktion verschiedener Organe des Körpers“, sagt Prof. Diefenbach. In Zukunft möchte er mit seinem Team die komplexe Interaktion zwischen Nahrungsbestandteilen, Darmbakterien, der Darmwand und dem Immunsystem noch genauer untersuchen. „Hier könnte die Erklärung für die Vielzahl an entzündlichen Darmerkrankungen liegen“, fügt der Wissenschaftler hinzu.
Quelle: Pressemitteilung der Charité Berlin
Bildquelle: Medical University in Łódź, Poland