Das Anfallsrisiko bei Epilepsie-Patienten erhöht sich bei einem Medikamentenwechsel um 30 Prozent. Das gilt auch für den Wechsel zu einem Generikum. Das stellt Ärzte vor ein Dilemma, denn sie sollen möglichst kosteneffiziente Präparate verschreiben. Was sollten Ärzte tun?
Die Therapie mit einem Antikonvulsivum führt bei zwei Dritteln der Epilepsie-Patienten zur Anfallsfreiheit. Eine Studie zeigte nun, dass das Risiko, epileptische Anfälle zu erleiden, nach Wechsel auf ein wirkstoffgleiches Präparat eines anderen Herstellers um über 30 Prozent stieg. Das spricht dafür, eine wirksame Therapie nicht zu verändern, doch das ist nicht immer mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot vereinbar. Eine aktuelle Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie e.V. sensibilisiert für dieses Problem und gibt praktische Vorschläge, um Patientenwohl und Wirtschaftlichkeitsgebot möglichst gerecht zu werden.
Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Etwa 5 Prozent der Bevölkerung erleiden im Laufe des Lebens einen epileptischen Anfall und fast 1 Prozent, also etwa 800.000 Menschen in Deutschland, leiden an wiederkehrenden Anfällen. Diese Patienten werden mit sogenannten Antikonvulsiva behandelt, speziellen Medikamenten, die gegen Krampfanfälle wirken. Verschiedene Substanzen dieser Medikamentengruppe sind auf dem Markt. Wenn eine Substanz keinen Erfolg zeigt, wird eine andere versucht. Etwa zwei Drittel der Patienten kann erfolgreich behandelt werden und bleibt unter der Therapie mit einem Antikonvulsivum langanhaltend anfallsfrei.
Hat die Behandlung Erfolg, sollte immer von einem Wechsel der Medikation abgesehen werden. Frei nach dem Motto „never change a running system“ macht es keinen Sinn, einem Patienten einen neuen Wirkstoff zu verschreiben, wenn er unter der bisherigen Therapie gut eingestellt ist, also beschwerdefrei ist und keine nicht-tolerierbaren Nebenwirkungen auftreten.
Doch nicht nur der Wechsel von Substanz zu Substanz ist problematisch, sondern schon der Wechsel von der einen Substanz eines Herstellers zu der gleichen Substanz eines anderen Herstellers, z.B. von Originalpräparat auf ein Generikum oder von einem Generikum auf ein anderes Generikum oder auch von einem Generikum zu einem Originalpräparat. Das zeigte jüngst eine landesweite Auswertung von über 30.000 Epilepsie-Patienten, die von 163 Neurologen in Deutschland behandelt wurden. Die Studie ergab, dass sich das Risiko von wiederauftretenden epileptischen Anfällen bei bis dato anfallsfreien Patienten nach Wechsel auf die gleiche Substanz eines anderen Herstellers um über 30 Prozent erhöhte. Davon schienen insbesondere ältere Patienten betroffen zu sein. Die Studienautoren schlussfolgerten, dass ein Hersteller-Wechsel im Praxisalltag demnach nicht unkritisch sei.
Praktisch stellt das Studienergebnis behandelnde Neurologen vor ein Dilemma. „Wie alle Ärzte unterliegen wir dem Wirtschaftlichkeitsgebot und versuchen, möglichst häufig die kosteneffizientesten Präparate einzusetzen. Doch jeder Herstellerwechsel bei einem Antikonvulsivum kann zu Anfallsrezidiven führen, was wir natürlich zum Wohl unserer Patienten vermeiden möchten“, erklärt Prof. Dr. med. Hajo M. Hamer, Universitätsklinikum Erlangen, 1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie.
Warum ist das der Fall, wo Generika doch eigentlich wirkstoffgleich sein müssten? „Verschiedene generische Präparate enthalten zwar die gleichen Wirkstoffe, unterscheiden sich aber mitunter hinsichtlich der Hilfsstoffe. Auch wenn sich die Darreichungsform, das Aussehen, die Größe oder die Stärke der Tabletten ändern, kann das zu Einnahmefehlern und Verwechselungen führen, die den Therapieerfolg gefährden und zu einem höheren Anfallsrisiko führen können“, so Prof. Hamer.
Die Deutsche Gesellschaft für Epileptologie e.V. hat daher vor wenigen Tagen eine Stellungnahme publiziert, die sich dieser Thematik annimmt. Sie gibt u.a. Neurologen praktische Vorschläge an die Hand, wie Präparatsumstellungen im Praxisalltag einerseits möglichst vermieden, andererseits bestmöglich medizinisch begleitet werden können. Die praktischen Vorschläge sind im Folgenden zusammengfasst:
Diese Meldung basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V.
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