Das Blutabnehmen gehört für mich auch nach vielen Jahren noch zu den unliebsamen Tätigkeiten. Einem Säugling Blut an den Kopfvenen abzunehmen, ist einfach kein Spaß. Wie es trotzdem gelingen kann? Mit Hilfe erfahrener Arzthelferinnen.
Das Blutabnehmen bei Kindern ist eine künstlerische Tätigkeit. Bei Erwachsenen kann das ja fast jeder, solange der Patient nicht adipös oder chemotherapiert ist. Kinder aber wehren sich – verständlich. Meist pfeifen sie auf gutes Zureden – nachvollziehbar. Und die Bemühungen mit Gummibärchen vorneweg und hintennach, betäubenden Hautsalben und Ablenkungen verpuffen oft genauso schnell, wie der Doktor die Nadel setzt.
Blutabgenommen wird bei uns in den seltensten Fällen in der Ellenbeuge. Da zapft man am Handrücken (sehr beliebt), am Handgelenk (v.basilica – ganz großes Kino), auch mal oberhalb des Handgelenkes (v. cephalica – die Anästhesistenvene), aus Verzweifelung auch mal am Fuß oder an den Kopfvenen (letzteres doch eher bei Säuglingen – nicht bei Jugendlichen).
Ohne Hilfe geht es nicht
Ein wichtiger Faktor ist selbstredend die Hilfe beim Blutabnehmen. Eine superkompetente Arzthelferin, die weiß, in welchen Momenten sie das Kind wie halten muss, die dabei noch beruhigend spricht und gleichzeitig auf die geraunten (auch mal geschnautzen) Anweisungen des Doktors achtet, ist eine Multitasking-Wunderperson. Bei Säuglingen muss das Halten des Armes oft gleichzeitig eine Staufunktion in den Venen erfüllen – auch das will gelernt sein. Ein zu viel lässt hier den Blutfluss stocken (zu wenig arterieller Nachfluss), ein zu wenig ebenso (zu wenig venöse Stauung).
Oft tropft des Blut. Nein, es wird nicht immer schön säuberlich per Butterfly oder Bajonett-System in ein Röhrchen gezapft. Kinderärzte sind mitunter auch Metzger Vampire Handwerker: Der Kanülenkonus wird abgeknickt und die Nadel solo zum Blutabnehmen geschoben – das will geübt sein. Jahrelanges Krankenhaus-Training an allen Altersklassen ist dafür notwenig. Es entsteht stets eine enorme Sauerei auf dem Praxisboden oder dem Wickeltisch. Unbedingt immer Handschuhe verwenden.
Auch (manche) Eltern können helfen
Ach ja, klar: Eltern gibt es auch. Danke denen, die ruhig und liebevoll mit ihrem Kind reden, egal, ob Neugeborenes oder Schulkind. Toll die, die ablenken, die singen, die Zu Hause schon vorbereiten auf die gemeine Prozedur. Und die wirklich trösten können, ohne zu bejammern oder zu bedauern. Gerne auch die, die selbst eine Träne verdrücken und authentisch bleiben. Und außerdem bleibt noch zu sagen: Entgegen aller Vorurteile ist noch keiner umgekippt. Auch kein Vater.
Blutabnehmen. Es gibt Schöneres in der Kinderheilkunde, ich gestehe. Bei jedem Kind, das morgens dazu ansteht, habe ich auch nach Jahren der Übung noch ein Grummeln im Bauch. Ich mache es nicht gern. Ich vertraue zwar auf meine Fähigkeiten und Kinderärzten gelingt es oft, Blut zu finden, wo man weit und breit keines sehen kann – die Anatomie ist doch bei allen mehr oder weniger gleich –, aber zu tief sitzen die Erfahrungen aus der Krankenhauszeit, in der man oftmals kleinlaut den Kollegen zu Hilfe holen musste, um die Prozedur zu übernehmen. Man galt erst als erfahren und groß, nachdem man einmal selbst hinzugezogen wurde.
Best-of der Elternaussagen:
„Schau mal, Kirschsaft!“
„Der Doktor ist heute ein Vampir!“
„Um Gottes willen, so viel Blut?“ (3 ml).
„Ich denke, wenn ich mein Kind (3 Monate) auf dem Arm halte, geht‘s besser.“
Und wie immer: „Das tut nicht weh.“