Papa wird vorgewarnt. Selbstverständlich könne er dabei bleiben, wenn der Beatmungsschlauch gezogen werde. Aber vielleicht gehe er auch doch lieber nach draußen oder hole sich zumindest einen Stuhl ran.
Denn erfahrungsgemäß könne es doch auch etwas spannend werden, bzw. für Laien brenzlig aussehen, auch wenn das in der Regel nicht der Fall ist. Wenn der erste Atemzug 'allein' doch noch nicht so recht klappen mag.
Papa gibt sich tapfer und bleibt...
... obwohl er heute früh schon sehr viel Zeit neben seiner Tochter verbracht hat und sein Baby bewundert, das auf 34 Grad Körpertemperatur gekühlt in leichter Schräglage schlafend und mit zahlreichen Schläuchen und Kabeln von der modernen Medizin versorgt wird. Stillschweigend neben ihr, denn die kleine Thea soll so wenig wie möglich gestört werden und sich erholen von der Geburt, bei der sie kurzzeitig zu wenig Sauerstoff bekommen hat. Ehrfurchtsvoll und überwältigt vor dem kleinen Wunder sitzend, das in Fleisch und Blut vor ihm liegt.
Genug Sauerstoff ist im Blut, eine Atemmaske liegt bereit, die Pflaster, die den Beatmungsschlauch an Ort und Stelle gehalten haben, gelöst. Thea wird nun extubiert, also der Beatmungsschlauch gezogen. Papa steht auf, nun doch etwas bleich um die Nase.
Schwester Silvia fährt ein Grinsen über das Gesicht; aber ein sehr verständnisvolles und kein fieses. Natürlich! Wir werden ihn reinholen, wenn alles gut überstanden ist, er solle sich aber nicht wundern, evtl. dauere es auch ein wenig.
Denn obwohl die meisten Eltern ihre Kinder in besten Händen wissen oder darauf vertrauen, dass sie es sind: Wer hat es schon gerne, dass sein Kind die ersten Lebenstage auf der Intensivstation verbringt? Dass kuscheln, wickeln, stillen noch ein paar Tage warten müssen?
Thea macht ihre Sache sehr gut. Kaum ist der Beatmungsschlauch gezogen, atmet sie selbstständig. Kurzzeitig noch etwas flach - der Sauerstoffgehalt in ihrem Blut sinkt, Schwester Silvia hält ihr einen Schlauch vor das Gesicht, aus dem Sauerstoff strömt. Das reicht aus. Der Sauerstoffgehalt im Blut steigt wieder an, Thea atmet suffizient, wie man hier zu sagen pflegt.
Papa darf wieder reinkommen. Bei seinem Anblick grinse diesmal auch ich. Aber weder fies noch verständnisvoll - sondern einfach nur gerührt. 'Toll macht ihre Tochter das.', rutscht es mir über die Lippen. Irgendwie passt man sich schnell an: Lob tut Eltern immer gut. Besonders, wenn es um ihre Kinder geht. Obendrein baut es Vertrauen auf. Auch Papa grinst nun, nach Tagen der Aufregung, Sorge, einer absoluten Ausnahmesituation kann er Stück für Stück wieder durchatmen.
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