Verstärkung für verschlissene Knorpel: Diese werden durch den Einbau eines biomimetischen Gels mechanisch stabilisiert. Dabei sollen sich das Biopolymergeflecht des Knorpels und das synthetische Polymernetzwerk gegenseitig intensiv durchdringen.
Arthrose ist nicht nur eine Alterserscheinung, der schmerzhafte Gelenkverschleiß kann auch junge Menschen treffen. Ein gesunder Knorpel wirkt wie ein Polster im Gelenk. Verschleißt er, beginnen die Knochen aneinander zu reiben, das Gelenk schmerzt und kann sich verformen. Ursache ist eine Verarmung des Knorpelgewebes an Glycosaminoglykanen, hoch negativ geladenen Polysacchariden, die für den Erhalt der Gewebedurchfeuchtung verantwortlich sind, indem sie Wassermoleküle binden. Bei einer beginnenden Arthrose trocknet der Knorpel aus, das „Polster“ wird immer dünner und weniger widerstandsfähig gegenüber Druckbelastungen. Eine Therapie, die Knorpel regeneriert, gibt es bisher nicht. Ein internationales Forscherteam der Universität Boston wollte das jetzt ändern: Der Einbau eines zweiten polymeren Netzwerks, das die benötigten geladenen Gruppen mitbringt, soll verschlissene Knorpel wieder aufpolstern und deren mechanische Stabilität wieder herstellen. Dabei sollen nicht nur einzelne beschädigte Stellen „ausgeflickt“, sondern das gesamte Gewebe verstärkt werden. Das degenerierte Gewebe soll dazu mit Monomeren infiltriert werden, die dann an Ort und Stelle unter Lichteinwirkung polymerisiert werden.
Das Team um Mark W. Grinstaff wählte als Monomere Zwitterionen auf Basis von Phosphorylcholin, einem Molekül, das für seine Biokompatibilität bekannt ist. Diese Monomere können das Biopolymer der Knorpel gut durchdringen. Weitere Reagenzien sorgen für die Quervernetzung des synthetischen Polymers und den Start der Polymerisation, sobald mit grünem Laserlicht bestrahlt wird. So entsteht ein Gel, dessen Polymerketten intensiv mit den Polymerketten des Knorpels verflochten sind. Das Gel bindet gut Wasser, sodass die Wasserbeladung des behandelten Knorpels unter Belastung länger aufrecht erhalten werden kann. Kompressionstests mit enzymatisch degradierten Rinderknorpeln zeigten, dass das Gel dem Knorpel seine ursprüngliche mechanische Stabilität wiedergeben kann. Dabei lagert sich das Gel bevorzugt an Stellen ein, die besonders angegriffen sind. Eine simulierte beschleunigte Abnutzung ergab, dass sich auch gesundes Knorpelgewebe wirksam vor Verschleiß schützen lässt. Der neue Ansatz scheint daher vielversprechend als Behandlungsmethode bei Arthrose in einem frühen Stadium. Originalpublikation: A Tissue-Penetrating Double Network Restores the Mechanical Properties of Degenerated Articular Cartilage Benjamin G. Cooper et al.; Angewandte Chemie, doi: 10.1002/ange.201511767; 2016