Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und die Orion Corporation, ein pharmazeutischer Hersteller, werden bei vielversprechenden Therapien künftig zusammenarbeiten. Hier zeigt sich, wie schwach die öffentlich geförderte Forschung in Deutschland ist.
Am 7. März paraphierten Vertreter des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Orion Corporation ein Papier mit weitreichenden Kooperationsvereinbarungen. Orion, ein finnisches Unternehmen, erhält „die vorrangige Option, eine Forschungs- und Entwicklungskooperation in Bezug auf jedes vom DZNE identifizierte und zunächst validierte Zielprotein (Wirkmechanismus) zu initiieren“, heißt es in einer offiziellen Mitteilung. Beide Partner tragen ihre eigenen Kosten. Gleichzeitig haben sie vereinbart, „alle zukünftigen Einnahmen aus den jeweiligen gemeinsamen Projekten entsprechend ihrem Anteil an den Entwicklungsinvestitionen untereinander aufzuteilen“.
Professor Dr. Pierluigi Nicotera, wissenschaftlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des DZNE, freut sich über den Vertragsabschluss: „Hierbei handelt es sich um ein neues Konzept einer öffentlich-privaten Partnerschaft, an der beide Seiten zu gleichem Anteil beteiligt sind. Unsere Zusammenarbeit ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein Forschungsinstitut und ein pharmazeutisches Unternehmen auf globaler Ebene zusammenarbeiten können. Die Partnerschaft bietet einen einzigartigen Ansatz zur Überwindung des so genannten „Tals des Todes“, um wissenschaftliche Innovationen in die effiziente Wirkstoffentwicklung zu überführen.“ Seine Aussage zeigt, wie es um Deutschlands Grundlagenforschung wirklich bestellt ist.
Dazu ein paar Zahlen. Das DZNE wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Weitere zehn Prozent kommen vom jeweiligen Bundesland, in dem sich eine Forschungsinstitution befindet. Als Jahresbudget hat das BMBF 66 Millionen Euro an Steuergeldern veranschlagt. Nicht jedes Forschungsprojekt führt zum Erfolg. Finden DZNE-Wissenschaftler jedoch interessante Targets zur Behandlung neurodegenerativen Erkrankungen, kommt Orion mit ins Boot. Der Hersteller selbst minimiert eigene Risiken. Er spart Gelder ein, die womöglich in hoch riskante Projekte zur Grundlagenforschung geflossen wären. Bleibt noch als Kritikpunkt, dass patentrelevante Sachverhalte nicht veröffentlicht werden. Hier kollidieren am Gemeinwohl orientierte Interessen des Staates mit wirtschaftlichen Belangen der Industrie.
DZNE-Vorständen ist die jetzt paraphierte Zusammenarbeit kaum vorzuwerfen. In Deutschland fehlen für öffentlich geförderte Einrichtungen Mittel und Wege, um Pharmaka bis zur Marktreife zu bringen. Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM) helfen zwar, diese Lücke zu schließen. Ihre Kapazitäten reichen aber bei weitem nicht aus, um Hochschulen und außeruniversitäre Einrichtungen bundesweit zu unterstützen.