Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe in Nahrungsmitteln stehen bei Forschern hoch im Kurs. Flavonoide sollen antiallergisch, antioxidativ, antiviral und antiproliferativ wirken. Eine kürzlich veröffentlichte Arbeit zeigt nun auch protektive Effekte gegen erektile Dysfunktionen.
Deutschlands Bevölkerung altert – und immer mehr Männer leiden an einer erektilen Dysfunktion. Sind in der dritten Lebensdekade allenfalls zwei bis drei Prozent betroffen, schnellt der Wert auf 50 bis 55 Prozent in der siebten Lebensdekade nach oben. Nicht selten stecken kardiovaskuläre oder metabolische Erkrankungen hinter dem Standverlust, was klassische Therapien mit PDE-5-Hemmern stark einschränkt. Vermeintlich harmlose Kräuterprodukte aus dem Ausland enthalten FDA-Angaben zufolge ebenfalls recht häufig synthetische Wirkstoffe. Grund genug für Forscher, nach sekundären Pflanzeninhaltsstoffen mit der erwünschten Wirkung zu fahnden.
Aedín Cassidy von der University of East Anglia, Norwich, hat zusammen mit Kollegen Flavonoide als vielversprechende Naturstoffgruppe untersucht. Sie rekrutierte 25.096 Männer aus der Health Professionals Follow-Up Study. Alle vier Jahre erfassten Wissenschaftler per Fragebogen konsumierte Lebensmittel, um die Flavonoidaufnahme zu errechnen. Teilnehmer wurden auch gebeten, ihre erektile Funktion auf einer fünfstufigen Skala einzuschätzen. Innerhalb des zehnjährigen Follow-ups trat bei 35,6 Prozent eine erektile Dysfunktion auf. Cassidy berücksichtigte bekannte Risikofaktoren, etwa kardiovaskuläre Vorerkrankungen oder Lebensgewohnheiten, über multivariate Analysemethoden. Bei Probanden im Quintil mit der höchsten Flavonoidaufnahme fand die Wissenschaftlerin eine um 9,0 bis 11,0 Prozent verminderte ED-Inzidenz. Sie schreibt, der Effekt entspräche zwei bis fünf Stunden Bewegung pro Woche. Nahmen Männer viele Flavonoide auf und bewegten sich gleichzeitig, verminderte sich das ED-Risiko sogar um 21 Prozent. Besonders stark profitierten junge, übergewichtige Männer.
Bei der Untersuchung ging es aber nicht ausschließlich um die Manneskraft. Auf erektile Dysfunktionen folgen mehrere Jahre später oft kardiovaskuläre Erkrankungen; ED gilt hier als Risikofaktor für die Morbidität und Mortalität. Umso wichtiger sind präventive Ansätze. Die jetzt vorgelegte Arbeit liefert wie jede prospektive Studie Argumente für Hypothesen. Im nächsten Schritt wünscht sich Aedín Cassidy eine interventionelle Studie.