Arzneimittelversender buhlen um die Gunst von Kunden. Sie sehen Preise bei OTCs oder Kosmetika als wichtigstes Marketinginstrument. Hohe Absprungraten lassen sich auf schlecht funktionierende Technik und niedrige Sicherheitsstandards zurückführen, heißt es in einer Studie.
Versandapotheken bewegen sich weiter auf Wachstumskurs – zumindest bei OTCs. Repräsentativen Befragungen des Digitalverbands Bitkom zufolge haben Ende 2015 bereits 49 Prozent aller Internetnutzer Medikamente im Netz gekauft; 2012 waren es lediglich 22 Prozent. Wie IMS Health berichtet, stieg der Umsatz in 2015 um 5,2 Prozent auf 830 Millionen Euro, gemessen am Vorjahr. Dieses Ergebnis führen Marktforscher vor allem auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zurück. Hier lag das Plus bei neun Prozent. Verschreibungspflichtige Präparate brachen hinsichtlich ihres Umsatzes um sieben Prozent ein: ein Trend, der sich fortsetzt, seit Rx-Boni verboten sind. Die über Versender abgegebenen Packungszahlen verringerten sich sogar um 14,3 Prozent. Kunden achten aber nicht nur auf den Preis, fanden Marktforscher heraus.
Was ist passiert? Experten des Vergleichsportals Sparmedo fiel plötzlich auf, dass einige Versandapotheken trotz günstiger Preise hohe Absprungraten hatten. Anstatt einzukaufen, kehrten Nutzer auf die Übersichtsseite zurück, um das nächst teurere Angebot anzuklicken. „Wir hielten das zunächst für einen Fehler unsererseits, konnten aber nichts finden“, schreibt der Dienstleister. Er hat Online-Shops von 145 Versandapotheken untersucht, einschließlich der Branchengrößen. Programmierer fanden etliche Schwachstellen mit negativen Folgen für den Umsatz.
Das beginnt schon bei der Usability. Rund drei Viertel der Deutschen ab 14 Jahren (74 Prozent) verwenden heute ein Smartphone, berichtet Bitkom. Das entspricht 51 Millionen Menschen. Von ihnen erwerben 44 Prozent regelmäßig das neueste Modell. Sie haben nicht nur hohe Erwartungen, was Leistungsfähigkeit und Funktionsumfang ihres Geräts angeht. Vielmehr wünschen sich Konsumenten, dass Websites mobil gut dargestellt werden. Auf diese Entwicklung hat Google reagiert. Die Suchmaschine bevorzugt responsive Inhalte beim Ranking von Ergebnissen. Schön und gut, nur erwiesen sich 64 Prozent aller Apothekenportale nicht für Smartphone oder Tablet-Computer optimiert. Hinsichtlich der Ladezeit gab es ebenfalls Probleme. Untersuchte Websites benötigten im Durchschnitt 2,23 Sekunden. Zum Vergleich: User sind von Google (0,090 Sekunden) oder Amazon (0,150 Sekunden) verwöhnt. Ist die Ladezeit höher als 0,6 Sekunden, sollten technische Verbesserungen am Online-Store vorgenommen werden. Außerdem fehlten in jedem zweiten Fall intuitive Elemente zur Navigation, gute Suchfunktionen oder leichte Zugriffsmöglichkeiten auf den digitalen Warenkorb. Apps bieten lediglich 17 Prozent aller Versender an, und nur 39 Prozent setzen auf Social Media.
Von der Usability zur Sicherheit. Seit es Cyber-Kriminellen gelungen ist, Versandapotheken mit gezielter Überlastung – sprich Distributed Denial of Service (DDoS)-Angriffen – lahmzulegen, wächst die Sorge bei Verbrauchern. Zwar haben Cyber-Piraten keine Patientendaten erbeutet. Das scheint aber nur eine Frage der Zeit zu sein, wie aus Untersuchungen von Sparmedo hervorgeht. Der Dienstleister kritisiert, 74 Prozent aller untersuchten Portale halten sich nicht an Vorgaben zu Datenschutz und Datensicherheit. Bei 51 Prozent fehlen beispielsweise intakte Verschlüsselungen. Eine einzige nicht per SSL übertragene Datei führt nach geltendem Recht bereits zu Datenschutzproblemen. Ist die Verschlüsselung falsch konfiguriert oder enthält sie Sicherheitslücken, können Cyber-Kriminelle Daten abfangen. Serversoftware sollte nicht mehr als zwei Jahre auf dem Buckel haben, um Hackern ihre Arbeit zu erschweren. Rund 55 Prozent aller untersuchten Stores hatten ältere Konfigurationen, was Experten als Sicherheitslücke bewerten. Auch hinsichtlich geltender Datenschutzrichtlinien fand Sparmedo etliche Schwächen. Rund 43 Prozent der Anbieter hatten sogenannte Analysesoftware nicht datenschutzkonform integriert. Im schlimmsten Fall werden IP-Adressen von Usern vollständig gespeichert – oder es fehlten Möglichkeiten des Widerspruchs oder Erklärungen zum Datenschutz. Etwa 90 Prozent geben Daten an Dritter weiter, um beispielsweise Zahlungen auszuführen. Über diesen Vorgang informieren 68 Prozent der Anbieter ihre Kunden nicht. Auch sollten Cookies nur zum Einsatz kommen, falls Nutzer explizit ihre Einwilligung signalisieren. Die zugrunde liegenden Richtlinien 2009/136/EG und 2002/58/EG haben mehr als 97 Prozent aller Versender nicht umgesetzt.
Die Untersuchung zeigt erstmals, dass Betreiber von Versandapotheken nicht nur auf hohe Rabatte oder günstige Preise achten sollten. Genauso wichtig sind Themen wie die Ladezeit, die Optimierung für mobile Endgeräte, die Suche oder die Datensicherheit. Wer nicht mit moderner Technik arbeitet, verliert Neukunden und damit Marktanteile.