Immer mehr Menschen verbringen exzessiv viel Zeit im Internet. Frauen zieht es in die sozialen Foren, Männer zocken lieber online Computerspiele. Mit der Dauer der Internetnutzung wächst jedoch nicht nur die Suchtgefahr. Bei problematischer Nutzung leidet auch die Lebenszufriedenheit.
Wissenschaftler der Universität Ulm konnten in einer Studie mit über 4.850 Teilnehmern (2.343 davon weiblich) bestätigen, dass bei problematischer Internetnutzung auch die Lebenszufriedenheit leidet. Die Teilnehmer der Studie waren im Durchschnitt 29 Jahre alt. Ein Großteil der Probanden waren Schüler (46 %), doch auch Berufstätige und Senioren fanden sich darunter. Für die Studie wurden über einen anonymisierten digitalen Fragebogen neben den demografischen Daten wie Alter, Beruf, Ausbildung und Geschlecht Angaben zur allgemeinen Lebenszufriedenheit und zur spezifischen Zufriedenheit für die Bereiche Freizeit, Gesundheit, Wohnen, Beruf und Einkommen erfasst. Ausmaß und Gefährdungspotential der Internetnutzung haben die Psychologen über die wöchentliche Nutzungsdauer (privat und beruflich) und mit Hilfe eines bestimmten Internet-Abhängigkeitstests (short Internet Addiction Test – s-IAT) gemessen. Erfragt werden dabei suchttypische Verhaltensauffälligkeiten wie sozialer Rückzug, Vernachlässigung von Alltagspflichten, Verlust der Impulskontrolle, Heimlichtuerei im Hinblick auf die Internetnutzung, Schlafmangel sowie Entzugserscheinungen wie Depression und nervöse Unruhe, die darüber Aufschluss geben, wie graduell ausgeprägt die Online-Abhängigkeit ist.
Dabei stießen sie auf einen ungewöhnlichen geschlechtsspezifischen Effekt: „Gleichwohl die durchschnittliche private Internetnutzungsdauer bei den Teilnehmerinnen der Studie viel geringer war, wirkt sich bei den Mädchen und Frauen eine problematische Internetnutzung viel stärker auf die Lebenszufriedenheit aus als bei den Männern“, so Bernd Lachmann, Doktorand in der Abteilung Molekulare Psychologie der Universität Ulm. Als problematisch eingeschätzt wird von den Wissenschaftlern die Internetnutzung von 28 Prozent der männlichen Studienteilnehmer und von gut 24 Prozent der weiblichen. Der jeweilige überwiegende Restanteil blieb dabei im unauffälligen Bereich. „Möglicherweise haben Männer hier eine höhere Reizschwelle oder bessere Strategien zur Bewältigung des Online-Rauschs“, vermutet Professor Christian Montag. Der Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie hat die Studie federführend koordiniert. Gründe könnten aber auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Internetnutzung sein. „Während Männer häufiger als Gamer in Online-Spielen unterwegs sind, fühlen sich Frauen mehr von sozialen Netzwerken angezogen“, erläutert Lachmann. Und Letzteres bereitet offensichtlich mehr Verdruss, wobei – wie ältere Studien bereits zeigten – negative Gefühle wie Neid eine Rolle spielen können. Originalpublikation: Life satisfaction and problematic Internet use: Evidence for gender specific effects Bernd Lachmann et al.; Psychiatry Research, doi: 10.1016/j.psychres.2016.02.017; 2016