Ärzte wenden Katecholamine wie Dobutamin als Notfallmedikament bei akuter Herzschwäche an. Bei der Behandlung von Patientinnen mit peripartaler Kardiomyopathie (PPCM) kann dies aber zu geschädigten Herzmuskelzellen und einer irreversiblen Herzschwäche führen.
Die peripartale Kardiomyopathie (PPCM) tritt ohne Vorwarnung im letzten Schwangerschaftsmonat oder in den ersten Monaten nach der Geburt auf. Binnen weniger Wochen kann diese Erkrankung zum schweren Herzversagen und sogar zum Tode führen. Die Symptome: Abgeschlagenheit, Atemnot, Husten, Gewichtszunahme, besonders durch Wassereinlagerungen in Lunge und Beinen, sowie Herzrasen. „Da diese Symptome eher unspezifisch auch bei Frauen ohne PPCM während und nach der Schwangerschaft auftreten können, wird die Erkrankung oft verzögert diagnostiziert“, betont Professor Dr. Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Dabei ist eine von 1.500 bis 2.000 Schwangeren von einer PPCM betroffen. Die Herzschädigung der Patientinnen mit peripartaler Kardiomyopathie ist in der Regel mit Medikamenten behandelbar. 90 Prozent der Frauen erholen sich bei adäquater Therapie weitgehend. Bei der Auswertung des an der Medizinischen Hochschule Hannover geführten deutschlandweiten Registers hatten die Forscher jedoch beobachtet, dass PPCM-Patientinnen, die aufgrund eines akuten Herzversagens mit Dobutamin behandelt worden waren, einen schlechteren Verlauf aufwiesen. Um herauszufinden, ob ein Zusammenhang zwischen der Behandlung mit Dobutamin und der PPCM-Erkrankung besteht, untersuchten die Wissenschaftler in an PPCM erkrankten Mäusen die Auswirkung des Medikaments auf das Herz.
Sie stellten dabei fest, dass die Gabe von Dobutamin das Herz zusätzlich schädigt. Das Medikament hebt die sonst heilende Wirkung anderer Medikamente wie Bromocriptin auf. „In der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie sind wir deshalb sehr zurückhaltend mit dem Einsatz von Dobutamin bei PPCM-Patientinnen. Alternativ setzen wir den Patientinnen mit akutem Herzversagen spezielle Pumpen in die linke Herzkammer ein, sogenannte Microaxialpumpen, um die Pumpfunktion des Herzens zu unterstützen und die kritische Phase zu überbrücken“, sagt Professor Dr. Johann Bauersachs. „Es gibt Hinweise, dass neben den PPCM-Patientinnen auch bei anderen Patienten mit akutem Herzversagen die Gabe von Katecholaminen zu einer zusätzlichen Herzschädigung führt. Dies untersuchen wir in weiteren wissenschaftlichen Projekten.“
Das Team um Professorin Dr. Denise Hilfiker-Kleiner von der Klinik für Kardiologie und Angiologie der MHH untersuchte im Mausmodell molekularbiologisch, warum die Behandlung mit Katecholaminen zu irreversiblen Herzschäden führt. „In der Regel beziehen die Herzzellen ihre Energie zum größeren Teil über den Fettsäurestoffwechsel, im Notfall können die Kraftwerke der Zellen, die Mitochondrien, aber auch ausschließlich Zucker in Energie umwandeln“, erklärt die Professorin. Das Problem: Der Fettstoffwechsel bricht unter Dobutamin zusammen. Für die nun nötige effiziente Energieumwandlung von Zucker benötigen die Zellen das Protein STAT3, das bei PPCM-Patientinnen im Herzen stark reduziert ist. Der Zuckerstoffwechselweg ist also ebenfalls gehemmt. Die Herzzellen können nicht mehr mit Energie versorgt werden. „Bereits nach einem Tag sterben die ersten Herzzellen ab, und Bindegewebe sowie Entzündungen nehmen zu“, ergänzt Dr. Britta Stapel, Forscherin in Professorin Hilfiker-Kleiners Arbeitsgruppe. Originalpublikation: Low STAT3 expression sensitizes to toxic effects of β-adrenergic receptor stimulation in peripartum cardiomyopathy Britta Stapel et al.; European Heart Journal, doi: 10.1093/eurheartj/ehw086; 2016