Weltweit werden Therapieansätze gegen gefährliche Krankenhauskeime gesucht. Nun wird ein Enzym untersucht, das eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Infektionen mit dem Krankenhauskeim „Pseudomonas aeruginosa“ spielt.
Krankenhauskeime können für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem zur Gefahr werden. Das gilt vor allem, wenn die Keime gegen ein oder mehrere Antibiotika resistent sind und sich durch einen Biofilm mit einem Schutzschild umgeben. Mikrobiologen der Universitäten Münster und Nottingham haben nun ein Enzym untersucht, das eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Infektionen mit dem Krankenhauskeim „Pseudomonas aeruginosa“ spielen könnte. Sie haben die dreidimensionale Struktur des Enzyms entschlüsselt und seine Funktion aufgedeckt.
Das Bakterium „Pseudomonas aeruginosa“ ist der weltweit vierthäufigste Erreger von Infektionen, die sich Patienten in Krankenhäusern zuziehen. Der Keim ist weit verbreitet. Er kommt beispielsweise an feuchten Orten wie Waschbecken und Duschen vor. Bei Menschen mit Vorerkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem kann er unter anderem Lungenentzündungen und Blutvergiftung auslösen. „Das Bakterium ist unter Krankenhaus-Hygienikern gefürchtet“, sagt Prof. Dr. Susanne Fetzner. Pseudomonas aeruginosa bildet eine Vielzahl von Virulenzfaktoren. Dazu gehören Zellgifte und Gewebe schädigende Enzyme, die den Bakterien unter anderem zur Verteidigung gegen die Immunabwehr des Menschen dienen und die Erregerausbreitung im Körper begünstigen. Da es zunehmend Probleme durch Antibiotika-Resistenzen gibt, verfolgen Wissenschaftler weltweit neue Therapie-Ansätze. Dazu zählt die Entwicklung antivirulent wirkender Stoffe. Diese Substanzen beeinträchtigen nicht das Bakterien-Wachstum, hemmen aber die Ausbildung der Virulenzfaktoren. Das Enzym, das die Wissenschaftler untersuchten, spielt bei der Produktion der Virulenzfaktoren von Pseudomonas aeruginosa eine wichtige Rolle. Könnte man es durch Medikamente ausschalten, würden die Bakterien krankmachende Eigenschaften gar nicht erst entwickeln.
Steffen Drees, Erstautor der Studie, erklärt diesen Ansatz: „Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa haben eine spannende Eigenschaft: Sie kommunizieren untereinander mithilfe von Signalmolekülen. So können sie feststellen, wie viele Bakterienzellen es in ihrer Nachbarschaft gibt. Erst wenn die ‚Armee‘ stark genug ist, bilden die Bakterien ihre Virulenzfaktoren. Würde man das von uns untersuchte Enzym durch Medikamente blockieren, könnten die Bakterien keine Signalmoleküle mehr bilden. So würden sie nicht merken, dass die Population die nötige hohe Dichte an Bakterienzellen erreicht hat – entsprechend würden sie keine Virulenzfaktoren bilden.“ Das Enzym ist nicht das einzige Protein, das auf molekularer Ebene als Ziel für therapeutische Wirkstoffe dienen könnte. Andere Studien zeigen Alternativen auf. „Das von uns untersuchte Enzym ist jedoch besonders vielversprechend, da es ein Schlüsselenzym bei der Ausbildung von Signalmolekülen und somit von Virulenzfaktoren ist“, unterstreicht Fetzner. Die Wissenschaftler sehen ihre Arbeit als ersten Schritt auf dem Weg zu einer möglichen neuen Therapie. Originalpublikation: PqsBC, a condensing enzyme in the biosynthesis of the Pseudomonas aeruginosa quinolone signal: crystal structure, inhibition, and reaction mechanism. Steffen Lorenz Drees et al.; The Journal of Biological Chemistry, doi: 10.1074/jbc.M115.708453; 2016